Truckerstreik in Australien

(Bild: Sebastian Nagel)

LKW-Fahrer:innen errichten Straßensperren

Im Jahr 2021 wollten LKW-Fahrer:innen in Australien die Zufahrtsstraßen zu großen Städten sperren. Mit dieser Protestaktion beabsichtigten sie, in der Gesellschaft zu ändern, was ihnen nicht passte.

Nichts sollte mehr beliefert werden: Keine Supermärkte, keine Tankstellen oder Flughäfen. “To shut down the country”- war das erklärte Ziel.

Wir schauen uns an, was daraus wurde. Wie konnte es so weit kommen?

Auch LKW-Fahrer:innen anderer Länder stellen sich quer.

 

LKW-Konvois für das Baugewerbe

Die Coronajahre waren für die ganze Welt schwer. Voller Restriktionen und Entbehrungen. Doch Australien litt unter besonders harten und teils unverständlichen Beschränkungen, da die Regierung dort eine strikte und unnachgiebige Null-Corona-Politik vertrat.

Im Juli 2021 wurde der Bauindustrie das riesige Opfer abverlangt, die Baustellen für 2 Wochen zu sperren. Viele Arbeiter hätten in dieser Zeit kein Einkommen und Baufristen würden nicht eingehalten werden können. Eine stehende Baustelle verschlingt natürlich auch Gelder. 

Für die Regierung eine gelungene Coronapolitik. Für die Leidtragenden ein Überlebenskampf.

Das sorgte für Empörung in der Bevölkerung. Die ersten, die reagierten, waren die Truckies, Männer und Frauen, die LKW fahren. An einem ruhigen Samstag, wo eigentlich niemand auf den Straßen sein sollte, fuhren sie in endlosen Konvois durch die Straßen Sydneys. Sie skandierten ihren Unmut und untermalten das Ganze mit dem lauten Horn ihrer Fahrzeuge.

Zwei Stunden dauerte der Aufmarsch, während die sonstige Betriebsamkeit der Stadt stillstand. Auf smh.com.au wird einer der Teilnehmer zitiert: “But we’ve got a voice and we are a part of the community.” (Doch wir haben eine Stimme und sind Teil der Gesellschaft). Die Truckies setzen sich für die Belange der Gesellschaft ein. Das machen sie mit den Mitteln und Waffen, die sie haben. Sie verschaffen sich Gehör und machen auf sich aufmerksam.

Gehört wurde dieser Protest natürlich auf der ganzen Insel, sogar darüber hinaus. Doch bei diesem Protest blieb es nicht.

 

Dichte Straßen für mehr Freiheit

Einen Monat später entschlossen sich die Truckies, gleich das ganze Land dicht zu machen, erfahren wir auf dailymail.co.uk. Durch Facebookgruppen organisiert und durch Spendenaktionen gestützt. Der Appell an die Bevölkerung lautete: 'Support the men and women who make this country go around, and will be our voice' (Unterstützt die Männer und Frauen, die dieses Land am Laufen halten und unsere Stimme sein werden).

Gründe für diesen geplanten Protest war die landesweite Impfpflicht. Das nicht gerade bescheidene Ziel war es, die Impfpflicht aufzuhalten und nebenbei die Regierung zu stürzen.

Dafür sollte jeder Highway, der in eine größere und bedeutende Stadt führt, versperrt werden. Mit einem Sattelschlepper gar kein Problem. Die Protestaktion wurde in einem Internetvideo angekündigt und dann durch die Nachrichten im Land ausgestrahlt.

Wir werden am Ende erfahren, was aus diesem Protest geworden ist. Zunächst aber schauen wir uns an, was diese Proteste auslöste.

 

Zu straffe Coronamaßnahmen

Die Null-Corona-Politik des Landes brachte es mit sich, dass wenige Infektionen bereits ausreichten, eine ganze Stadt mit einer Ausgangssperre zu strafen. Das war zum Beispiel der Fall in Perth, einer Großstadt, die im Südwesten des Landes liegt: Wegen einer Infektion durften die Menschen 5 Tage nicht aus dem Haus. Allein Einkaufen und eine Stunde Sport war ihnen gestattet, berichtet tagesspiegel.de.

Verstöße gegen die Coronamaßnahmen fingen bei 1.300 US-Dollar an und hörten erst bei 15.000 US-Dollar auf. Überhaupt das Haus oder die Wohnung zu verlassen, war ein Risiko. Und manchmal machten es die Maßnahmen gar nicht so einfach, dahin zurückzukehren.

Die Einreisebestimmungen für andere Staaten innerhalb Australiens waren teilweise so strikt, dass Menschen nicht mehr in ihre Heimatstaaten kamen. Entlang solcher Grenzen wurden daher aus Verzweiflung Zeltlager errichtet.

Natürlich darf man das Virus nicht auf die leichte Schulter nehmen und Australien hatte in dieser Zeit sehr geringe Fallzahlen vorzuweisen. Trotzdem muss man sich fragen, zu welchem Preis die Gesundheit des Landes erkauft wurde. Auf nationalreview.com erfahren wir, dass das drastische Vorgehen der Regierung einen Keil zwischen die Regierung und die Bevölkerung getrieben hat. Von Demokratie war in dieser Zeit nicht mehr viel übrig.

Es gab viele Proteste gegen die Coronapolitik des Landes. Leider auch einige gewalttätige. Andere konnte man recht schadlos ignorieren. Truckerblockaden zu ignorieren ist hingegen nicht zu einfach. 

 

Straßen zu verdichten ist eine alte Tradition

Dass Truckies sich querstellen, hat es in der Geschichte Australiens schon einmal gegeben: 1979. Zu hohe Kraftstoffpreise und eine geplante Straßensteuer (Road tax) bedrohten die LKW-Gütertransport, berichtet smh.com

3000 Trucks fanden sich zusammen und blockierten die größeren Highways in 4 Bundesstaaten und ließen nichts mehr durch, außer Krankenwagen, Privatwagen und Kängurus. Selbst den Güterzugverkehr legten sie lahm, indem sie ihre Trucks auf den Schienen parkten.

Die Streikenden waren entschlossen. Sie schworen, nicht zu weichen, ehe ihre Forderungen erfüllt würden. Die Hartnäckigkeit zahlte sich aus: Die Regierung knickte ein und die Straßensteuer kam nicht zustande.

 

Es spricht sich herum

Auch in anderen Ländern erkennen Trucker, wie wichtig sie für die Wirtschaft und das Funktionieren einer Gesellschaft sind.

2018 trieben zu hohe Dieselpreise LKW-Fahrer:innen dazu, die Straßen Brasiliens zu blockieren. Flughäfen, Tankstellen und Supermärkte warteten vergeblich auf ihre Waren. Flugzeuge konnten nicht mehr betankt werden und blieben auf dem Startfeld zurück. In Sao Paolo wurde sogar der Notstand ausgerufen, berichtet reisereporter.de.

Nach dem Streik wurden die Dieselpreise gesenkt. Ein voller Erfolg!

3 Jahre später, 2021 wurde in Irland aus den gleichen Gründen protestiert: Zu hohe Dieselpreise, berichtet Verkehrsrundschau.de. Ein Konvoi mehrerer Trucks tuckerte durch die Hauptstadt und bremste den Verkehr aus. Auf den Protestschildern ist zu lesen: RIP haulage Industrie (Ruhe in Frieden Transport Industrie). Denn was passiert, wenn man der Lieferindustrie den Saft abdreht, bzw. wenn man ihn so teuer macht, dass ihn keiner mehr bezahlen kann: Sie geht zugrunde.

Was dann mit der Wirtschaft des Landes los ist, davon liefern die Truckerblockaden einen kleinen Vorgeschmack.

Truckerproteste mehren sich auf der ganzen Welt. Mal mit Erfolg, mal ohne. Wir gehen zurück nach Australien und schauen, welches Ende dieser Protest fand.

 

Erfolg der Truckerproteste

Die groß angekündigte Protestaktion hat sich im Sande verlaufen. Erst wurde das Datum des Protest spontan nach vorne verschoben und dann tauchten doch zu wenig Fahrer auf. Die wenigen Straßensperren wurden schnell aufgelöst.

Ohne Gewalt, ohne großen Effekt, berichtet thenewdaily.com. Das Medienecho auf den misslungenen Protest war dann auch viel kleiner als das auf den geplanten. Tatsächlich konnte ich sehr wenig Berichte über den Ausgang des Protests finden.

 

Fazit

Was die Gründe und Ursachen solcher Proteste auch sein mögen, das Wichtige daran ist folgendes: Die Truckies selbst erkennen ihren unverzichtbaren Wert für die Gesellschaft und wissen, dass sie gemeinsam eine Stimme haben, die schwer ignoriert werden kann.

Und andererseits bekommt die Gesellschaft selbst eine Idee davon, wie es ist, wenn LKWs nicht mehr fahren: Die Welt steht still, wenn die Truckies ihren Dienst quittieren.

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