Entstehung der Spritpreise Teil 1

 

Höhen und Tiefen, Gründe und Abgründe Teil 1

 

In diesem Blogbeitrag widmen wir uns den Spritpreisen, die uns im vergangenen Jahr so über den Kopf gewachsen sind.

Warum ist das so? Wieso scheint niemand Kontrolle über den Preis zu haben, um sagen zu können: Stopp, teurer wird es nicht mehr.

Jemand muss die Kontrolle haben. Dafür schauen wir uns den Weg vom Rohöl bis zum Kraftstoff an. Durch wessen Hände fließt das Schwarze Gold?

Du erfährst, wie sich unsere Spritpreise zusammensetzen.

Wir wollen wissen, was das eigentlich ist, das unsere Räder zum Rotieren bringt. Und werden sie sich weiterdrehen? 

Wichtig ist doch, wenn wir uns nochmal so richtig über den Preis aufregen, dass wir die richtigen Akteure beschimpfen und nicht wahllos von “Denen da oben” sprechen. Wut braucht ein Ziel, genauso wie Trucker. Und um es zu erreichen, braucht man einen vollen Tank.

Vollgetankt und ab geht die Fahrt!

 

Die Lage

Der Preisanstieg von Benzin- und Dieselpreisen von 2022 war schwindelerregend. Der ADAC sagt, vergangenes Jahr war das teuerste Tankjahr aller Zeiten für Deutschland. Sie haben eine sehr anschauliche Statistik. Noch eine unnatürliche Entwicklung. Der Diesel ist teurer geworden als Benzin (E10), obwohl Benzin sonst immer etwa 10 Cent billiger war.

Verschiedene Faktoren haben den Sprit in den letzten zwanzig Jahren zunehmend verteuert. Seit 1999 steigt der Kraftstoffpreis an. Infolge von Steuermaßnahmen und der Mehrwertsteuererhöhung 2007.

Es gibt viele, die darunter leiden. Auch Speditionen. Manche bangen um ihre Existenz. Das trifft letzten Endes auch die Fahrer. Stellen fallen weg oder Löhne werden kürzer, berichtet die Tagesschau.

Wie kommt es, dass sämtliche Räder dieser Wirtschaftsmaschine Deutschland ins Stocken geraten, LKW-Räder sowie Zahnräder der Wirtschaft. Dafür schauen wir uns erstmal an, was Kraftstoff überhaupt ist und wie er entsteht.

 

Aus dreckigem Rohöl wird reiner Kraftstoff

Rohöl kommt aus der Erde. Verdreckt und noch nicht wirklich zu gebrauchen. Einige bekannte Länder fördern Öl, Deutschland gehört nicht dazu. Wir importieren unser Rohöl und lassen es in unseren Raffinerien verarbeiten. Die Raffinerien selbst sind meist in anteiligem Besitz von Mineralölkonzernen. Die PCK-Raffinerie in Schwedt zum Beispiel gehörte zu Teilen BP und Rosneft. Diese Raffinerie beliefert Ostdeutschland, Berlin und Teile von Polen.

Aus dem Rohöl entstehen sämtliche Endprodukte, die wir zur Fortbewegung und zum Heizen, Kochen und warm duschen brauchen: Diesel, Benzin, Kerosin, Heizöl, Heizgas und Schweröl. Erdöl besteht hauptsächlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff. Es wird mit Tankern oder in Pipelines (Druschbapipeline zum Beispiel) zu den Raffinerien transportiert.

Raffinerien sind meist dort, wo der Kraftstoff auch gebraucht wird. Es ist günstiger. So muss man nur einmal den Rohstoff dahin transportieren. Der Großteil der Wertmaximierung geschieht dort.

Das RP Energie-Lexikon hilft anschaulich, den ganzen Prozess zu verstehen.

Vorgang der Raffinerie:

Entsalzung:

Zuerst wird das Rohöl entsalzt. Salze müssen entfernt werden, da sie sonst die Geräte angreifen, in denen Öl aufbewahrt oder mit denen es genutzt wird. Das erreicht man, indem man dem Rohöl Wasser beimengt. Das Wasser bindet die Salze und diese lösen sich darin auf. Da sich Öl und Wasser nicht mischen, kann man die beiden flüssigen Stoffe auch wieder voneinander trennen. Man kennt das von kenternden Öltankern. Der Ölfilm schwimmt oben auf dem Wasser. Oder näher am Leben: von Fettaugen in der Suppe. Das Wasser ist voller Salze und das Öl frei davon.

Destillation:

Die Destillation trennt das Rohöl in Fraktionen. Diese unterscheiden sich durch ihr Gewicht und ihre Verdampfungstemperatur. Das Rohöl wird auf 400°C erhitzt in einem riesigen Rohr, der Rektifikationskolonne. Das Rohöl verdampft und steigt nach oben. Auf verschiedenen Ebenen sind Abläufe, wo sich das Gas sammeln kann und wieder flüssig ablaufen, wenn es abgekühlt ist. Das, was oben landet, nennt man die leichten Fraktionen. Nach unten hin wird es schwerer.

Die leichtesten Anteile landen ganz oben als Flüssiggas, immer noch gasförmig. Aus dem Flüssigen dieses Anteils stellt man Benzin. Darunter kommt Kerosin. Danach erst Heizöl und Diesel. Danach kommen Schweröle, aus denen Schiffsdiesel gemacht wird.

Beinahe alle diese Produkte werden noch veredelt. Das heißt, sie werden gereinigt, indem ihnen noch mehr Stoffe entzogen werden, die bei ihrem eigentlichen Zweck stören würden.

Bei der Veredelung werden chemische Stoffe hinzugefügt, die andere Stoffe herausfischen. Man fügt zum Beispiel Wasserstoffgas hinzu. Das verbindet sich mit den unerwünschten Schwefelanteilen darin zu Schwefelwasserstoff. Dadurch werden nur die Stoffe drin behalten, die für ihren Zweck erforderlich sind.

Der nächste Schritt gilt nur für Benzin. Benzin ist leicht entzündlich. Wie wir gesehen haben, steigt es in der Rektifikationskolonne sehr weit nach oben. Ein qualitativ hochwertiges Benzin hat eine hohe Oktanzahl. Je höher die Oktanzahl, desto weniger leicht entzündet es  sich selbst. Man nennt dies Klopffestigkeit. Wenn Benzin keine hohe Oktanzahl hat, also eine hohe Klopffestigkeit, dann entzündet es sich im Motor unkontrolliert, dadurch steigt der Druck darin an und man hört tatsächlich ein Klopfen. Das soll vermieden werden, denn sonst ist der Verschleiß höher.

Die Erhöhung der Klopffestigkeit erreicht man durch die katalytische Reformation. Dafür erhitzt man das zuvor rausgefilterte Benzin auf 550°C.

Die Produkte werden noch mit Additiven versehen, um bestimmte Eigenschaften und Anforderungen gezielt zu steuern. Benzin und Diesel wird Bioethanol beigemischt, um es zu strecken. Bioethanol ist Ethanol aus Biomasse. Ethanol ist die gebräuchlichste Form von Alkohol, unserem Trinkalkohol.

Rohöl ist nicht immer gleich. Wir haben gesehen, dass verschiedene chemische Prozesse erforderlich sind, um es zu reinigen. Je reiner also das Ausgangsrohöl ist, desto weniger Arbeitsschritte sind erforderlich, um es nutzbar zu machen. Die Qualität des Rohöls hängt damit zusammen, aus welcher Erde und aus welcher Gegend es kommt.

Am vertrautesten ist uns Benzin und Diesel als Kraftstoff. Sie entstehen zwar aus demselben Rohöl, unterscheiden sich jedoch durch ihre Eigenschaften und spätere Verarbeitung. Das gucken wir uns genauer an.

 

Unterschied zwischen Benzin und Diesel

Die beiden Kraftstoffe sind für verschiedene Motoren bestimmt. Das liegt an ihrer Fähigkeit zur Selbstentzündung oder zur Zündungsunwilligkeit. Schwerfällige Wörter. Wir gehen denen auf den Grund und schauen uns dazu noch an, was die Oktan- und Cetanzahlen sind. Quarks.de hat das sehr anschaulich erklärt.

Diesel ist schwerer als Benzin, das haben wir gesehen. In der Rektifikationskolonne siedeln sie sich ein paar Etagen unter dem Benzin an. Es besteht aus mehr Kohlenstoffatomen, ist somit schwerer und hat auch mehr Energie. Die Cetanzahl beim Diesel beschreibt dessen Zündungswilligkeit. Je höher sie ist, desto dichter liegen die Kohlenstoffe und entzünden sich kontrollierter. Normalwerte liegen bei 51. Auch hier gilt das Prinzip: je höher, desto besser und teurer.

Benzin wird im Ottomotor fremdgezündet. Dabei ist es entscheidend, dass es kontrolliert verbrennt. Dafür sorgen die Oktanzahlen. Wenn die Oktanzahl niedrig ist, verbrennt es an verschiedenen Ecken. Dadurch steigt der Druck im Motorraum und Klappergeräusche entstehen. Dadurch gibt es keine Explosion. Aber der Verschleiß wird höher. Die Oktanzahl an unseren Zapfsäulen liegt bei mindestens 91. Je höher, desto besser und teurer.

Das RP-Energie-Lexikon schildert die Situation. In Europa haben wir einen viel höheren Dieselverbrauch als Benzin. Die Mehrheit der LKWs und Autos laufen über Diesel. Außerdem heizen wir damit. Die Nachfrage ist also sehr hoch. Hinzu kommt, dass die Energiesteuer für Diesel niedriger ist als für Benzin. Das haben wir jahrelang am Preis gesehen. Denn Diesel war günstiger als Benzin. Bis jetzt, wie wir gesehen haben.

Ein wichtiger Unterschied zwischen den Kraftstoffen für uns ist demnach auch unser Verbrauch.

Die Produktionskosten der beiden liegen irgendwo bei einem Euro. Aber wie kommt der Rest darauf?

 

Die Steuern

Der ADAC sagt, wer alles am Kraftstoff verdienen möchte. Das sind: Mineralölkonzerne, Tankstellen und der Staat.

Die Versteuerung ist nicht bei jedem Kraftstoff gleich. Einerseits finanziert sich der Staat durch die Steuern. Andererseits kann er mit Steuerunterschieden den Verbrauch in eine bestimmte Richtung lenken. Daher unterscheidet sich die Steuer je nach Kraftstoff. Bei Diesel sind es zum Beispiel 47,04 Cent/Liter und bei Benzin 65,45 Cent/Liter.

SR.de hat eine sehr anschauliche Auflistung zusammengestellt. Man geht dabei von einem Dieselpreis von 1,984 Euro/Liter aus. Die meisten Mäuler, die an dem Kuchen nagen, sind immer gleich groß. DIe Energiesteuer ist immer fix und verlangt eine Abgabe von 0,47€/l. Die Energiesteuer gilt für jedes Produkt, das in sich Energie freisetzen kann. Zum Beispiel ein Holzscheit oder Kohle, aus denen man durchs Anzünden Wärmeenergie freisetzen kann. Der nächste fixe Betrag, der abgeht, ist die CO²-Abgabe: 0,095 €/l.

Der nächste fixe Betrag ist die Erdölbevorratungsabgabe. Da hat es schon wieder ein frei erfundenes Wort in die deutschen Sozialabgaben geschafft. Das war mein erster Gedanke. Es ist tatsächlich eine sehr sinnvolle Sache und macht nur einen geringen Teil des Spritpreises aus. Die Erdölbevorratungsabgaben sind Abgaben an den Erdölbevorratungsverband. Dieser sichert unsere Kraftstoffvorräte. Er agiert nach dem Erdölbevorratungsgesetz, das einschließt, dass immer bestimmte Mengen an Rohölendprodukten für Krisen vorrätig sein müssen. Sie können ausgegeben werden, um den Markt zu stabilisieren. Wie das dann aussieht, sehen wir uns im zweiten Teil dieses Blogs an.

Zum Schluss kommt noch die Mehrwertsteuer hinzu. Sie beträgt 19%. Je höher der Preis, desto höher die Abgabe an den Staat. Hier verdient der Staat also mit. Von den oben genannten 1,984 kappt er sich 0,89€ ab. 

Der Rest wird von den Mineralölkonzernen und Tankstellen bestimmt. Denn alle wollen ihr Stück vom öligen Kuchen.

 

Weltmarkt und Rohölpreis

Der Rohölpreis orientiert sich auf dem Weltmarkt an der Nachfrage. Sinkt die Nachfrage, sinkt der Preis. Wenn sie steigt, verteuert sich auch das Rohöl. Das sind einfache Regeln der Volkswirtschaft.

Das Opec-Kartell reguliere diesen Preis für den Weltmarkt, sagt Verivox. Opec bedeutet: Organisation Erdölexportierender Länder. Es handelt sich um einen Zusammenschluss aus 13 Staaten: Irak, Iran, Kuwait, Saudi-Arabien, Venezuela, Algerien, Angola, Ecuador, Libyen, Indonesien, Nigeria, Katar und der Vereinigten Arabischen Emirate. Sie verfügen über 80% der weltweiten Ölreserven und 40% der Ölproduktion. Klar, sie geben den Ton an.

Sie regulieren den Ölpreis nach den oben genannten Kriterien. Nach eigener Aussage haben sie kein Interesse daran, den Rohölpreis in die Höhe zu treiben. Denn so bestehe immer die Gefahr, dass alternative Antriebstechnologien ausgebaut werden. Das ist die Theorie. Die Praxis sieht anders aus.

Wir merken uns: Wenn ein Produkt vermehrt gekauft wird, steigt der Preis. Das war die Situation vor dem Krieg, sagt der SR.de. Europa hatte sich wirtschaftlich von der Pandemie erholt und wollte wieder reisen und verbrauchen. Wir erinnern uns, was alles durch die Endprodukte des Rohöls angetrieben wird: Autos, Busse, LKWs (Benzin und Diesel), Flugzeuge (Kerosin und Flugbenzin) und Schiffe (Schweröl, verbleibt ganz unten in der Rektifikationskolonne). Die Nachfrage steigt. Es gibt noch einen Grund: Der Krieg wird befürchtet. Aus Angst vor Lieferengpässen, decken sich Leute ein und verwenden Diesel überdies zum Heizen.

Eine Kurve des Rohölpreises findet man bei Tecson. Dort kann man den Preisverlauf für ein Barrel Rohöl verfolgen. Der Preis hat dabei ein schwindelerregendes Hoch im März. Ein Barrel kostet da 130$. Danach fällt der Preis allerdings wieder mit einigen Schwankungen. Im September sind wir schon wieder bei 83$. Zum Vergleich hat der ADAC unsere Tankstellenpreise für das Jahr 2022 aufgelistet. Wir sehen zwar, dass die Spritpreise in etwa mit den Rohölpreisen fallen (leicht verzögert). Aber sie fallen nicht so tief. Sie bleiben weiter oben als zuvor. Im Januar kostete das Barrel 85$. Da war der Diesel bei uns bei 1,67€. Wenn der Rohölpreis dann im September wieder auf 85$ ankommt. Bleibt der Diesel bis Dezember über 1,80€.

Wir sehen, jeder geht seine eigenen Wege und ein einzelner Akteur ist erstmal nicht auszumachen.

 

Fazit

Wir haben gesehen, wie Kraftstoffe hergestellt werden.

Jeder möchte mitverdienen.

Das Problem ist, dass wir alle darauf angewiesen sind. Nicht nur Speditionen gehen pleite. Auch die Lebensmittel werden teurer, da der Transport mehr kostet.

Alle Bürger müssen dieses wilde Preisrodeo auffangen und schultern.

Doch es wurde längst noch nicht alles gesagt. Nächste Woche geht es weiter. Wir erfahren Tanktipps. Wie man doch noch was sparen kann. Wir erfahren, was die Regierung alles unternehmen kann, um die überquellenden Preis zu deckeln. Und wir erfahren mehr über die Riesenkonzerne im Mineralölbusiness und was der Dollarkurs damit zu tun hat.

Wie hat sich das vergangene Jahr bei euch bemerkbar gemacht?

 

Das könnte dich auch interessieren …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert