Entstehung der Spritpreise 2. Teil

(Bild: Sebastian Nagel)

 

Dollarkurse, Mineralölkonzerne und flatternde Tankpreise

Im zweiten Teil unserer Serie über die Entstehung des Spritpreises schauen wir uns an, welche Faktoren den Rohölpreis bestimmen und wie der Wechselkurs des Dollars daran hängt.

Wir werden sehen, wieso die Mineralölkonzerne und Tankstellenbetreiber trotz Preisabsprachenverbotes immer ausgesprochen ähnliche Preise haben und wie unser Bundeskartellamt dabei tatenlos zusehen muss. Kein Wort, keine Klage.

Wieso gibt es bei den Tankpreisen so oft Ebbe und Flut? Bis zu 7 Mal am Tag! Welcher Sparfuchs kommt da noch hinterher?

Eine Menge Bösewichter im Tankbusiness. Gibt es auch ein paar Helden? Die gibt es. Wir zeigen sie.

Preis gecheckt, aufgetankt und ab dafür!

 

Der Rohölpreis und Dollarkurs auf einer Waage

Diese Waage wirft ihren Schatten auf die ganze Welt und hat überall ihren Einfluss. 

Wir haben im vorherigen Blogartikel erfahren, wie aus dem Rohöl verschiedene Arten von Kraftstoffen werden. Wir wissen, wie ein Teil des Preises zustande kommt. Gut die Hälfte kommt durch Steuern. Je höher der Spritpreis, desto höher ist auch die Mehrwertsteuer für den Staat. 

Was wir sonst noch wissen müssen, erzählt das Manager Magazin. Es bietet einen guten Überblick. Mehr schaffen wir hier auch nicht, einen Überblick, um zumindest das erste Dunkel dieses Themas grob auszuleuchten.

Wir haben bisher gesehen, wie der Rohölpreis entsteht. Einige Länder bestimmen dafür den Preis je nach Angebot und Nachfrage. Die Förderländer, bzw. die Konzerne, die sie vertreten, verkaufen. Als das größte Land gelten die USA (Fördermenge: 563 Mio Tonnen/ Jahr). Danach kommt schon Saudi Arabien (Fördermenge: 560 Mio Tonnen/ Jahr) und danach kommt Russland (Fördermenge: 548 Mio Tonnen/ Jahr). Wir haben schon gehört, dass Saudi Arabien Teil und Mitgründer des Opec-Kartells ist, die maßgeblich über den Preis mitbestimmen.

Politische Geschehnisse beeinflussen den Rohölpreis. Das sehen wir jetzt am Ukrainekrieg und das konnten wir vor drei Jahren bei einem Angriff auf die Ölförderstationen von Saudi Arabien sehen. Im Beispiel von Saudi Arabien sank der Preis, da durch die Angriffe das Fördervolumen zurückging. Weniger Angebot, die Preise steigen. Im Ukraine-konflikt schnitt Europa den russischen Ölimport ab und gleichzeitig versuchten sich Konzerne mit Öl einzudecken, um Lieferengpässen zu entgehen. Das Angebot sinkt, gleichzeitig steigt die Nachfrage, der Preis steigt noch schneller.

Weitere Faktoren, die den Preis beeinflussen, sind Wechselkurse, Zinsenentwicklungen, Spekulationen von Investoren, Verträge auf dem Terminmarkt und die Einflussnahme des Förderkartells Opec, von dem wir auch schon gehört haben. Wenn wir hier aber noch auf das alles eingingen, würde es hier zu komplex. Für den Anfang reicht es, sich zu merken, dass es sehr viele Akteure gibt, die den Ölpreis mitbestimmen.

Der Dollar ist die Währung des Rohöls. Es gilt: wenn der Wert des Dollars steigt, gerät der Rohölpreis unter Druck. Wieso das? Regionen außerhalb des Dollarkurses müssen dann mehr bezahlen. Andersherum ist es, wenn der Dollarkurs sinkt.

Die Wechselkurse geschehen nach einem ähnlichen Prinzip wie Angebot und Nachfrage: Je mehr Güter von einem bestimmten Land mit einer bestimmten Währung gekauft werden, desto stärker ist der Kurs, desto gefragter.

Steigt der Dollarkurs im Verhältnis zum Euro, wird es auch an der Zapfsäule teurer. Wenn der Wert des Euros beispielsweise über dem des Dollars liegt, würde Europa weniger für Rohöl bezahlen als die USA. Leider ist die Situation nicht so.

 

Die üblichen Verdächtigen: Mineralölkonzerne

Jetzt gehen wir vom globalen Markt nach Deutschland und schauen uns hier um. Denn hier erwarten uns seltsame Phänomene. Wir sehen sie jeden Tag an den Zapfsäulen: rotierende, leuchtende Zahlen, die jegliche Kontrolle verloren zu haben scheinen. Die Mineralölkonzerne und deren Tankstellenpächter geben den purzelnden Preisen gerne noch einen Extraschubs, oder gleich mehrere. Am Ende weiß niemand mehr, wo oben und unten ist. In jedem Falle wird es teuer, das ist die eine Konstante in dem ganzen wirren Spiel.

So nennt es die Süddeutsche-Zeitung: ein Gesellschaftsspiel. Die Jagd nach einem niedrigen Tankpreis. Dafür gab es über die Jahre feste Regeln und feste Zeiten für Preisspitzen und Tieflagen. Nur wirken die Spielregeln immer willkürlicher und undurchschaubarer. Und ein Spiel, dessen Regeln man nicht versteht, macht wenig Spaß und frustriert.

Das Kartellamt forderte die Tankstellenbetreiber 2013 dazu auf, Preisänderungen sofort an die Behörde weiterzugeben. Man erhoffte sich dadurch, dem Verbraucher eine Chance zu geben, günstig zu tanken. Zwei Dinge geschahen jedoch: die Preise sanken und stiegen nahezu synchron. Und es gab noch mehr Preisspitzen über den Tag verteilt. Es wurde zum Beispiel zu Zeiten teurer, in denen es jahrelang sehr günstig war: gegen 20 Uhr. Inzwischen kommt man mit Erfahrung nicht mehr weit in diesem Spiel. Information ist alles. Und die gibt es nur über Tank-Apps.

Der Fokus hat einen ähnlichen Artikel geschrieben. Er gibt dem Ganzen den schönen Namen eines “Stummen Kartells”. Laut Fokus benutzen die Konzerne ebenfalls die Tank-Apps, um immer mit den anderen mitzugehen. Wenn der Preis von allen einfach mitgemacht wird, werde der Markt ausgehebelt. Es sind keine Absprachen, es handelt sich um ein stilles Einverständnis. 

Cicero berichtet in einem Artikel über einen Whistleblower, der über einen der großen Konzerne erzählt.

Der Insider berichtet, dass die Preise angepasst werden. Man schaut zu den anderen Großkonzernen. Gehen dort die Preise hoch, gehe man einfach mit. Dieses Verfahren habe sich über die Jahre aufgebaut und funktioniere ohne dass das ausgesprochen werden müsste. Wenn man die anderen einfach nur nachmacht, ohne das vorher abzusprechen, bewegt man sich in einer straffreien Grauzone. Besonders gut kann man diese Choreografie vor den Ferien und vor Feiertagen beobachten.

Es gibt dabei kein Risiko für die Großkonzerne. Cicero nennt sie ganz klar: Aral, Shell, Jet, Esso und Total. Jeder zieht bei den Preisen mit. Manche besitzen sogar gemeinsame Raffinerien und verkaufen sich untereinander Öl. Keiner habe ein Interesse daran, die verbundenen Gegner auszustechen. Die freien Tankstellen sind hingegen in der Position, ihren Kraftstoff bei den Großkonzernen kaufen zu müssen.

Die Mineralölkonzerne schieben die Schuld an den hohen Tankpreisen gerne auf die Ölförderkonzerne und deren Rohölpreise oder auf die Regierung und deren Steuerdurst. Doch 5-7 Mal am Tag schwanken natürlich weder die Steuern noch die Rohölpreise. Es handelt sich um einen billigen Verkaufstrick, der den Verbrauchern viel kostet.

Sie standen bereits drei Jahre unter Beobachtung des Kartellamtes. Gefunden werden konnte jedoch nichts. Die Freien Tankstellen haben Beschwerde eingereicht. Sie sind gezwungen, von den Raffineriebetreibern zu kaufen, teilweise zu Literpreisen, die auch die Verbraucher an der Zapfsäule zahlen. Das sind natürlich sehr erschwerte Wettbewerbsbedingungen.

Gibt es da denn keine Behörde, die diese Wettbewerbsbedingungen überwacht?

 

Das Bundeskartellamt

Das  Bundeskartellamt ist eine Bundesbehörde. Es versucht, den Wettbewerb unserer Marktwirtschaft zu schützen. Es kontrolliert, dass es keine Preisabsprachen gibt, keine Fusionen, die Marktmonopole schaffen und dass alle Marktteilnehmer Zugang zu den Ressourcen haben.

Moment mal! Klingt, als hätte das Kartellamt nicht besonders gut aufgepasst.

Behörden haben eingeschränkte Befugnisse, während Verbrechern die ganze Welt an Möglichkeiten zur Verfügung steht. Das kennen wir aus Krimis. Man braucht meistens Ermittelnde, die es mit den Regeln nicht allzu genau nehmen.

Wenn ein Preis über seinen Wert in die Höhe getrieben wird, nennt das Kartellamt das Ausbeutungsmissbrauch. Klarer, wenn unangemessene Preise für ein Produkt verlangt werden und der Verbraucher keine Ausweichmöglichkeiten hat. Diese Situation kann nur entstehen, wenn Unternehmen keine ernstzunehmende Konkurrenz haben; es somit keinen Wettbewerb gibt. 

Aber die gibt es ja. Die freien Tankstellen, zum Beispiel (BFT). Wie wir gesehen haben, sind die meist gezwungen, von den Raffinerien zu kaufen, die den Großkonzernen gehören. Ein Behinderungsmissbrauch liegt vor, wenn Konkurrenzunternehmen der Zugang zu Ressourcen erschwert wird. 

Wenn sich die großen Konzerne Raffinerien teilen und sich untereinander Öl verkaufen, klingt das fast wie ein einzelner großer, glücklicher Betrieb. Unerlaubte Fusion nennt es das Bundeskartellamt, wenn sich Konzerne miteinander verbinden und so eine Monopolstellung in einer Branche einnehmen. Die Wettbewerbsauswahl ist somit geringer.

Und natürlich sind Preisabsprachen verboten. Das Problem ist, wenn man keine Worte dafür benutzt, sich abzusprechen, sondern einfach mitmacht, ohne was zu sagen, sind dem Kartellamt die Hände gebunden.

Es gibt keine offizielle Fusion der Konzerne, keine Absprachen, es gibt keine Allmachtsstellung, kein Oligopol, da sich mehrere Konzerne diese Position teilen. Es gibt für das Kartellamt nichts zu tun, als dazustehen und grimmig und missbilligend zu gucken.

Kann man da denn wirklich nichts tun? Doch! Immer fleißig Beschwerde einreichen. Wo?

 

Verbraucherzentrale

Die Verbraucherzentrale ist eine offizielle Beschwerdestelle. Wenn man sich als Verbraucher hintergangen oder ausgebeutet fühlt, kann man dort anonym Beschwerde einreichen. Das geht zwar auch beim Kartellamt, doch da muss man seinen Namen nennen. Und darf nur unter besonderen Bedingungen anonym bleiben.

Diese Daten werden zur Marktbeobachtung genutzt. Die Informationen, die damit erhoben werden, sollen den Verbraucher schützen durch Informationen. 

 

Wer nimmt es eigentlich mit den Riesen auf?

Um dem atemlosen Treiben der Tankstellen hinterher zu kommen, bedarf es einer Verbraucherschutzzentrale. Sie versuchen uns zu helfen, bei Zahlen, die der Regierung und dem Kartellamt längst aus der Hand gewachsen sind.

Der ADAC bietet einige Tanktricks und Tabellen über die aktuellen Spritpreise. Apps fürs Tanken gibt es auch in jedem App-Store. Nach eigener Aussage setzt sich der ADAC für die Verbraucher ein gegenüber den Behörden, der Industrie, Ministerien und Verbänden. Er steht also ganz auf der Seite der Verbraucher.

Sie arbeiten mit der Musterfeststellungsklage. Die Menschen mit Verbraucherproblemen nicht alleine stehen lässt. Sondern eine Sammelklage erhebt, wenn sich genug Beschwerden finden.

Außerdem gibt es den Bund Freier Tankstellen (BFT) . Erkenntlich an dem orange-weißen Design. Sie beteiligen sich nicht an der Berg- und Talfahrt der großen Konzerne.

Das KFZ-Serviceportal erzählt uns, dass die freien Tankstellen günstiger anbieten können, weil sie keine so hohen Werbekosten haben. Obwohl sie also so hohe Einkaufskosten haben, können sie die Mineralölriesen, trotzdem manchmal unterbieten, weil sie auf Werbung verzichten. Vielleicht ist diese Stelle dann gerade richtig, um Werbung zu machen für die freien Tankstellen. 

 

Fazit

Man braucht einen langen Atem, um über die zu schimpfen, die die Preise in die Höhe treiben. Denn daran arbeiten einige.

Es gibt aber auch Helden in dem Kampf. Das sind die freien Tankstellen, das Bundeskartellamt, die Verbraucherzentralen und der ADAC. 

Solange es immer welche gibt, die sich für Verbraucher und einen fairen Markt, an dem jeder partizipieren kann, einsetzen, gibt es Hoffnung. Auch wenn sie klein und verschwindend gering gegen die Riesen auf dem Markt wirkt.

Wie ist eure Meinung zu dem Thema? Könnten unsere Tankstellen etwas mehr Wettbewerb vertragen? Teilt es gerne in den Kommentaren.

 

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