LKW-Blockaden in Polen

(Bild: Shutterstock)

Ukrainische LKWs werden ausgebremst

In diesem Blog schauen wir uns die LKW-Blockaden an, die polnische Speditionen an den Grenzübergängen zur Ukraine errichtet haben.

Die Proteste belasten viele Menschen. Wie lang ist der Stau, den die Proteste verursacht haben? Was hat ihn ausgelöst? Ist ein Ende in Sicht?

 

Festgefahren: LKW-Blockaden an der polnischen Grenze

Nach Hause kommen ukrainische LKW-Fahrer:innen gerade nicht mehr. Sie können ihr Land zwar in einigen hundert Metern sehen, doch trennen sie Stunden, Tage oder Wochen von ihrer Heimat.

Die Situation ist ziemlich festgefahren. Die Grenzübergänge, die eigentlich die Ukraine mit Polen verbinden, werden seit dem 6.11.2023 von polnischen LKWs versperrt, erfahren wir auf dw.com.

Polnische Speditionen haben ihre LKWs dahin geschickt, um die Politik auf etwas aufmerksam zu machen: Die ukrainischen Fahrer:innen und Speditionen nutzen die Solidaritätskorridore aus und erschleichen sich so einen unfairen Marktvorteil. Das zumindest ist der Vorwurf, der erhoben wird.

Die LKWs, die dort ausgebremst werden, reihen sich zu einer 50 Kilometer langen Kette auf. Sie sind zu einer Wartezeit von mehreren Tagen bis 3 Wochen verdonnert. Essen und Trinken ist knapp. Der Sprit geht zur Neige. Das einzige, was sich bewegt, sind die Temperaturen, wenn sie sich nachts auf nahe 0 °C senken.

Zwei LKW-Fahrer verloren während dieser Wartezeit bereits ihr Leben, erfahren wir auf merkur.de. Offen bleibt allerdings, weshalb sie starben. Man fand sie jeweils tot im eigenen Führerhaus.

Hindurch kommen nur noch LKWs, die humanitäre Güter bringen oder Kriegstransporte, erfahren wir auf transport-online.de.

Obwohl genau diese Transporte Auslöser der Blockaden sind.

 

Auslöser: Solidaristätskorridore

Zuvor brauchten ukrainische LKWs und Speditionen Genehmigungen für Waren, die in die EU gingen. Für bestimmte Waren brauchen sie die nicht mehr. Seit die EU die Solidaritätskorridore für die Ukraine geöffnet hat, können humanitäre Güter und Kriegstransporte importiert und verschiedene Getreidearten und andere Erzeugnisse exportiert werden.

Davor war der ukrainische Import-Export-Handel gelähmt durch russische Seeblockaden auf dem Schwarzmeer. Zuvor verschiffte die Ukraine darüber einen Großteil ihrer Waren, erfahren wir auf transport.ec.europa.eu. Die Solidaritätskorridore ermöglichen der Ukraine einen bequemen Landweg nach Europa.

Ganz uneigennützig sind diese Korridore natürlich nicht. Denn ohne die Ukraine ist die Ernährungssicherheit gefährdet. Die Ukraine ist der drittgrößte Gerste-, der viertgrößte Mais- und der fünftgrößte Weizenproduzent der Welt, erfahren wir auf eu.solidarity-ukraine.ec.europa.eu.

Viele Länder haben davon einen Nutzen: Zwischen März 2022 und November 2023 konnte die Ukraine über diese Korridore 60 Mio. Tonnen Getreide und ähnliches in die Welt versenden. Auch konnten wichtige Güter importiert werden: Waren im Wert von 34 Mio. Tonnen.

Nicht jedem nützt das. Der polnische Gütertransport hat schwer zu schlucken an den ukrainischen LKW-Scharen, die durch ihr Land donnern.

 

Abgehängt: Unfairer Wettbewerbsvorteil

Das Hilfsprojekt der EU spart ukrainischen Speditionsunternehmen und LKWs viel Zeit, Umstände und Geld.

Die Anteile ukrainischer Speditionsunternehmen am Transportverkehr zwischen beiden Ländern waren schon vor den Korridoren hoch: 2021 waren es 62%, während polnischen Speditionen nur 38% blieben. Seit Beginn der Solidaristätskorridore hat sich dieses Verhältnis noch weiter auseinander bewegt: 2023 deckt die Ukraine 92% dieses Marktes ab. Polnische Speditionen müssen mit den verbleibenden 8% sehen, wo sie bleiben.

Ob die Solidaritätskorridore allein für diesen Wandel verantwortlich sind, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Die polnischen Blockaden gehen trotzdem einen Schritt weiter: Sie sagen nicht nur, dass die Korridore einen unfairen Wettbewerbsvorteil schaffen, sondern dass diese obendrein noch von ukrainischen Speditionsunternehmen ausgenutzt würden.

Eigentlich sollte darüber nur das Nötigste transportiert werden.

 

Das Nötigste: Trinken, Essen und Luxusautos

Es gibt klare Vorgaben, was durch die Solidaritätskorridore fließen soll: Humanitäre Güter, Kriegsfahrzeuge und bestimmte Exportwaren.

Humanitäre Güter sind Waren, die die existentiellen Bedürfnisse decken sollen: Trinkwasser, Nahrungsmittel, Decken, Kleidung, Hygieneartikel…, erfahren wir auf balm.bund.de.

Laut polnischer Speditionsunternehmen werden jedoch noch ganz andere Dinge durch die Korridore geschleust. Gipfelnd in Luxuskarossen, die als Kriegsfahrzeuge ausgeschildert sind, erfahren wir auf dw.com.

Luxusautos sucht man auf der Liste humanitärer Güter vergebens. Und wenn sie nicht gerade ausgestattet sind wie K.I.T.T. aus der Serie Knight Rider oder das Batmobil, werden sie auch nicht als Kriegsfahrzeuge durchgehen.

Ob die Vorwürfe stimmen, dafür müssen wir uns allein auf die Aussagen der Protestierenden verlassen. Allerdings mischen sich unter die protestierenden Fahrer:innen auch ganz andere Stimmen, die zweifelhafte Ziele haben, die weit über einen fairen Wettbewerb hinausgehen.

 

Tatkräftiges Engagement einer Rechten Partei

Eine von Polens rechten Parteien interessiert sich für die Proteste: Die Konförderation. Sie schicken Lebensmittel und Parteimitglieder zur Blockade, erfahren wir auf dw.com. Sie haben mitgeholfen, den Protest zu organisieren.

Die Partei steht auf der Seite Russlands, verurteilt die wirtschaftlichen Sanktionen, die die EU dem Land auferlegt hat und betrachtet die EU als Feind. Sie schwingen Hassreden gegen Homosexuelle, das Abtreibungsrecht und ausländische Arbeitskräfte, speziell gegen Ukrainer, erfahren wir auf deutschlandfunk.de.

Der Protest spielt Russland in die Hände und versetzt der Ukraine einen herben Schlag. Die Partei wird das freuen. Wir können aber davon ausgehen, dass ein Großteil der LKW-Fahrer:innen nicht an der Politik interessiert ist, sondern an einem fairen Wettbewerb.

Diese Partei vertritt glücklicherweise nicht die gesamte Meinung des Landes.

 

Proteste gegen die Proteste 

Generell steht Polen hinter der EU und auch hinter der Notwendigkeit, der Ukraine zu helfen. Bisher gab es nämlich von Polen sehr viel Hilfe für die Ukraine.

Sowieso sind die Fronten nicht schwarzweiß. Es gibt viele polnische Speditionen und Unternehmen, die eng mit der Ukraine zusammenarbeiten und die gerade Verluste durch die Blockaden erleiden.

Aktivisten, Menschenrechtler und Menschen aus der Region protestieren inzwischen gegen die Blockaden, erfahren wir auf dw.com.

Dorohusk, eine der Regionen, an deren Grenzübergängen sich eine Blockade befindet, hat die Blockaden verboten. Sie schaden den Geschäften in der Gegend.

Die Menschen fordern, dass die Blockaden aufhören und das Leben dort endlich wieder Fahrt aufnimmt.

 

Der Stau führt nirgendwo hin

Bis vor kurzem war eine rechte Partei, die PiS, in Polen an der Macht. Seit 2015 vertiefte die PiS die Spaltung der polnischen Gesellschaft, versuchte schrittweise, die Demokratie dort abzubauen und wetterte gegen die EU.

Am 11.12.2023 wurde eine neue Regierung gewählt, die sich wieder der EU zuwendet. Mit dem neuen Ministerpräsidenten Donald Tusk soll die geschädigte Demokratie wieder kuriert werden, erfahren wir auf osteuropa.lpb-bw.de.

Außerdem soll die Beziehung zur Ukraine wieder verbessert werden. Dafür wurde der polnische Außenminister nach Kiew geschickt, um der Ukraine zu versichern, dass Polen auf deren Seite steht, erfahren wir auf tagesschau.de. Die LKW-Blockaden werfen dabei natürlich ein schlechtes Licht auf diese Beziehungen.

Die polnische Regierung möchte die Ukraine unterstützen. Auch die EU betrachtet die LKW-Blockaden als inakzeptabel. Die Forderung der Demonstrierenden, die Solidaritätskorridore zu schließen, wurde am 4.12.2023 abgelehnt. Die EU fordert, dass sie aufgelöst werden.

Gespräche zwischen der polnischen Regierung und den protestierenden Fahrer:innen stehen aus, erfahren wir auf deutschlandfunk.de.

Viel Rückhalt gibt es für die Blockaden nicht: Die Regierung, die EU und viele polnische Bürger:innen verurteilen sie.

Trotzdem, noch dauern sie an und dem ukrainischen Lieferverkehr stockt der Atem.

 

Fazit

Man kann nur hoffen, dass eine Regelung gefunden wird, die beide Seiten zufriedenstellt.

Die Frage ist, wie sehr darf man einem krisengebeutelten Land helfen?  Wann wird die Hilfe für die einen zum Schaden der anderen?

Beeindruckend ist allerdings, welche großen Wellen die Blockaden werfen und welchen Einfluss sie haben: LKW-Blockaden können ein Land lahm legen.

Und wenn sie aufgelöst werden, können sie es wieder voll in Fahrt bringen.

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