Depressionen bei LKW-Fahrenden

(Bild: Sebastian Nagel)

Ängstlich, freud- und antriebslos

In diesem Blog schauen wir uns die Krankheit Depression an. Was bedeutet sie speziell für LKW-Fahrende?

Sind LKW-Fahrende vielleicht besonders gefährdet?

Wir schauen uns Ursachen und Symptome an. Es ist verblüffend, wie vielfältig diese Krankheit ist.

Aber keine Sorge: Darüber sprechen hilft schon und in den Griff bekommt man diese Krankheit auch.

 

Sind LKW-Fahrende besonders von Depressionen betroffen?

Auf fleetspeak erfahren wir, dass wesentliche Bestandteile des Alltags LKW-Fahrender Überforderung und Stress sind. Fahrende sind permanent hoch konzentriert, unter dem Dauerkommando der tickenden Uhr und bedroht, von der eigenen Übermüdung übermannt zu werden.

Die Lage bringt es leider mit sich. Die Termine sind eng gesetzt und auf Effizienz getrimmt. Auf den Autobahnen ist die Hölle los. Von unachtsamen, aggressiven und rücksichtslosen Autofahrenden zu verrammelten Straßen, die der Stau lähmt. Sorgen nagen, keinen Schlafplatz zu finden und mit der Einfahrt eines Rastplatzes Vorlieb nehmen zu müssen. Hat man einen der seltenen Schlafplätze ergattert, späht man mit einem halb wachen Auge nach Frachtdieben.

Dieser Rahmen ist schon nicht einfach. Hinzu kommt, dass man oft alleine ist, viele Enttäuschungen und Stresssituationen allein verarbeiten muss, ohne eine Schulter zu haben, wo man sich anlehnen könnte. Familie und Freunde sind oft weit weg. Inzwischen weisen uns Socialmediaportale auf alles hin, was wir verpassen. Kein Gelächter, keine Familienidylle, nur vorbeirasende Autos in einem unendlichen Fluss.

Am Ende bleibt auch noch die Anerkennung aus, die über viele Strapazen hinweg trösten könnte. Die Wut vieler Autofahrenden schlägt einem entgegen. Genervte Blicke von Anwohnenden. Am Ende vielleicht sogar Blicke einer enttäuschten Familie, weil wieder etwas verpasst wurde.

Belastend, das alles zu schultern und diese zwei verschiedenen Leben zu stemmen, die oft so viele Kilometer auseinander liegen.

Solche kontinuierlichen Belastungen sind es, die LKW-Fahrende früher in den Ruhestand zwingen. Doch auch, die Unfälle verursachen. Denn überlastete LKW-Fahrende, die sich nicht konzentrieren können, übermüdet sind und deren Selbstbewusstsein angekratzt ist, fahren nicht so sicher. Das sind alles Symptome einer Depression.

Diese schauen wir uns jetzt genauer an.

 

Symptome einer Depression

Die Symptome sind so vielfältig wie die Krankheit selbst. Es gibt eine leichte, mittlere und schwere Depression. Trotzdem lassen sich Haupt- und Nebensymptome generell feststellen.

Auf Zavamed erfahren wir, dass man bei einer Depression ganz allgemein von einer Niedergeschlagenheit und Freudlosigkeit ausgeht, die sich über einen längeren Zeitraum hinzieht. Etwa 2 Wochen. Wenn sich dieser Zustand hält und sich auch nicht ändern lässt durch Unternehmungen, die einem zuvor Freude bereitet haben, kann man von einer Depression ausgehen.

Zu den Hauptsymtomen, die charakteristisch für jede Ausprägung einer Depression sind, gehören folgende drei: 

Niedergeschlagenheit: Das heißt, man befindet sich dauerhaft oder in Schüben in einer niedergeschlagenen Stimmung. Sie lässt uns keinen Mut und keine Zuversicht mehr fassen. 

Antriebslosigkeit: Es ist schwer, sich zu irgendetwas zu motivieren. Manchen fällt es bereits schwer, sich nur aus dem Bett zu erheben. Zu alltäglichen Dingen muss man sich in einem zähen Kampf überwinden.

Freudlosigkeit: Die Freude ist aus dem Leben verschwunden.

Diese Hauptsymptome können von vielfältigen Nebensymptomen begleitet werden: 

Der Kopf ist angefüllt mit düsteren, angst- und sorgenvollen Gedanken, die sich immer wieder um sich selber drehen, ohne je zu einer Lösung zu gelangen (Gedankenkreisen). Sie hindern einen daran, konzentriert zu sein. Man hat das Gefühl, dass man sich nichts mehr merken, nicht zuhören, nichts aufnehmen oder lesen kann. Klar, der Kopf ist woanders, katastrophisiert und muss mit den schlimmsten Szenarien zurechtkommen.

Egal, wie selbstsicher man zuvor seinen Truck durch die engsten Gassen geschleust hat, plötzliche Versagensängste überkommen einen, die das Selbstbewusstsein zersetzen und nicht mehr viel davon übrig lassen.

Wie soll es so gelingen, seiner Arbeit nachzugehen und die ganzen Herausforderungen und den Stress zu meistern? Überforderung macht sich breit und die Hoffnungslosigkeit, dass sich daran nun nichts mehr ändern wird.

Die Sicherheit verlässt einen. Wertlos fühlt man sich und nicht mehr in der Lage, Entscheidungen zu treffen. 

Wie sollte man sich mit solchen Gedanken und Ängsten entspannen? Das fällt völlig weg. Keinen Film, den man in Ruhe schauen kann. Das führt zu einer inneren Unruhe und Anspannung, die Leute dazu bringt hin- und herzulaufen. Sie können sich nicht mehr hinsetzen, das Herz rast.

Dinge, die zuvor Spaß und Erholung bedeuteten, werden zum Problem und zur unangenehmen Pflicht. Kein Appetit mehr, Schlafprobleme. Kein sexuelles Verlangen mehr.

Durch das Gefühl, in jeglicher Hinsicht zu versagen, wachsen Schuldgefühle gegenüber der Arbeit, der Pflichten und der Familie.

Im schlimmsten Fall möchte man, dass das ganze Leben endlich aufhört. Der Tod wird mit leisen Stimmen ersehnt. Todesfantasien erwachen und Pläne für den eigenen Selbstmord können reifen.

Das ist, wie gesagt, das Schlimmste, was passieren kann am Ende einer schweren Depression. Und es passiert leider häufiger im Zusammenhang mit einer Depression. Das Risiko depressiver Menschen, einen Selbstmord zu begehen ist 30% höher als bei solchen ohne Depression, erfahren wir auf Zavamed. Von 10.000 Suiziden, die alljährlich in Deutschland verübt werden, stehen 7.000 im Zusammenhang mit einer Depression.

Aber was löst eine Depression letztlich aus?

 

Ursachen einer Depression

Laut edoc gehört die Depression zu einer der “wichtigsten” Volkskrankheiten Deutschlands. “Wichtig” bedeutet in diesem Zusammenhang wohl, dass sie für viele Probleme sorgt. Jeder 10 Deutsche erkrankt einmal in seinem Leben an irgendeiner Form der Depression.

Es ist eine Mischung aus äußeren Faktoren und Inneren. Daher ist die Entstehungsgeschichte immer sehr individuell. So ganz weiß man noch nicht, wie es kommt, wo es herkommt.

Körperliche Ursachen:

Es kann reine körperliche Ursachen haben. Zum Beispiel einen gestörter Botenstoffwechsel im Gehirn. Dann fehlen Serotonin und Noradrenalin. Wenn diese Stoffe in bestimmten Gehirnarealen zur Verfügung stehen, macht sich trübe Stimmung breit.

Auch Stresshormone wie Cortisol können vom Körper falsch reguliert werden. Zu viel davon führt zu Dauerstress.

Doch auch indirekte körperliche Gebrechen können eine Depression begünstigen. Wenn man sich etwa nicht mehr so frei bewegen kann wie zuvor. Durch einen Schlaganfall, einen Herzinfarkt, Rheuma oder chronische Schmerzen.

Es scheint sogar vererbbar zu sein. Denn man hat herausgefunden, dass die Chance zu 50% höher ist, wenn bereits Verwandte eine Depression haben. Ob die Gründe dafür wirklich im Erbgut liegen oder in der Erziehung weiß man allerdings noch nicht genau.

Lebensumstände:

Die Lebensumstände können auch einen ganz entscheidenden Grund liefern. Opfer traumatischer Ereignisse können in eine Depression rutschen. Durch einen Unfall, Überfall, Missbrauch oder Entbehrungen in der Kindheit. Alles, wo man sich in einer völlig hilflosen Situation wiederfand.

Doch auch harmlosere Dinge wie ein Umzug, die Geburt eines Kindes. Entscheidende Momente, die das Leben verändern. Wodurch die Angst anschwillt, man könne der neuen Pflicht nicht gerecht werden, sie könne einem über den Kopf hinauswachsen. 

Stress kann uns für Momente sehr belastbar machen. Cortisol wird ausgeschüttet. Das macht uns aufmerksam, wach und verringert unser Schmerzempfinden. Manchmal sehr nützlich. Doch Dauerstress führt dazu, dass wir uns nicht mehr entspannen können. Wir werden unruhig, sind angespannt und leiden an Schlafstörungen.

Persönlichkeit:

Eine Depression ist auch eine ganz persönliche Sache. Bei dem einen kann sie auftreten, bei dem anderen nicht. Es kommt auch darauf an, wie stark einen Erfahrungen erschüttern.

Auch wie man die Welt betrachtet, kann entscheidend sein. Neigt man zu pessimistischen Gedanken, sieht man nur das Schlechte in der Welt. Solches Denken kann mit einer Depression fortgeführt werden.

So unterschiedlich die Ursachen sind, so unterschiedlich können auch die Behandlungen sein. Haben die Ursachen einen körperlichen Ursprung, helfen Medikamente schon sehr. Therapien können Denkmuster aufbrechen und dabei helfen, traumatische Ereignisse zu verarbeiten.

Man kann sehr viel tun. Entscheidend ist dafür, die Krankheit zu erkennen, anzuerkennen und darüber zu sprechen.

 

Kurt Krömer spricht über seine Depression

In einem Interview von Kurt Krömer, das die Gala veröffentlichte, spricht Kurt Krömer über seine Depressionen. an denen er seit 30 Jahren leidet. In seiner Show “Chez Krömer” hat  er zum ersten Mal offen darüber gesprochen, er hat eine Therapie gemacht und ein Buch über seine Erfahrungen geschrieben. (Lesetipp! Titel: Du darfst nicht alles glauben, was du denkst. Erschienen im Kiwi-Verlag)

Erst als er seine Depressionen als eine Krankheit anerkannt hat, kam er zu folgender erlösender Erkenntnis: “Ich muss mich für nichts schämen und ich muss mich dafür auch nicht rechtfertigen, dass ich depressiv bin.”

Er erzählt, dass eine Depression einen derart einnehmen kann, dass man nichts mehr wahrnimmt. Nachdem er aus der Klinik kam, war vieles für ihn wieder da und er hatte das Gefühl, ein Leben wäre ihm zurückgegeben worden: “Für mich war es lange Zeit nicht normal, zu riechen, zu sehen, die Wärme der Sonne im Gesicht wahrzunehmen.“

Kurt Krömer ist ein tolles Beispiel für jemanden, der erfolgreich mit seiner Depression zu leben versteht und dabei vor allem seinen Humor nicht verliert.

 

Fazit

Wir haben viel mehr gewonnen, wenn wir offen mit dieser Krankheit umgehen und zeigen, wo es Hilfe zu holen gibt.

Es ist eine Krankheit, sie kann besiegt werden und man ist nicht allein damit. Das ist das Wichtigste, was es dazu zu wissen gibt.

Wenn ihr selbst Erfahrungen mit solchen Gefühlen und Gedanken gemacht habt, seid ihr vielleicht bereit, sie in den Kommentaren zu teilen.

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