Trunkenheit am Steuer

 

Rauschfahrt ins Unglück

Alkohol hat einen seltsamen Stellenwert in unserer Gesellschaft: Verträge werden geschlossen, Freundschaften geknüpft, Partner kennengelernt und Feste gefeiert. Er ist dabei, wenn es lustig wird. Und manchmal auch dort, wo die Dinge in Scherben enden.

Ein paar schwere Unfälle mit stark alkoholisierten LKW-Fahrern haben eine Diskussion wieder ins Rollen gebracht. Zeitungen und Verkehrsbeamte fragen sich: Gibt es ein Problem mit alkoholisierten LKW-Fahrern?

Wir schauen uns an, wie die Lage ist. Wie viele Unfälle gibt es? Wie viele alkoholisierte Fahrer werden durch polizeiliche Verkehrskontrollen gestoppt? Wie sieht es an den Rasthöfen aus?

Wir wollen wissen, was Alkohol mit unserer Fahrtüchtigkeit anstellt und wie lange er im Körper bleibt.

Bei einer Fahrt mit Alkohol kann man alles verlieren. Den Führerschein, den Beruf, die Freiheit schlimmstenfalls das Leben.  Doch man kann auch noch etwas retten. 

Wir erfahren, wann Alkohol eine Sucht ist und wie man davon wegkommt. Ärzte betonen: Es sei keine Suchtkrankheit, die durch Willens- oder Charakterschwäche ausgelöst werde. Es ist eine Krankheit. Eine, die man heilen kann.

 

Die Lage

Es gab mehrere schlimme Unfälle durch stark alkoholisierte Fahrer. Eurotransport.de berichtete darüber.

Beim ersten Unfall kollidierte ein Kleintransporter mit zwei anderen Autos. Der LKW scherte in die Gegenfahrbahn aus und donnerte in zwei Autos. Die drei Insassen des einen starben sofort. Die zwei in dem anderen sind schwer verletzt. Ein Blutalkoholtest beim Fahrer ergab, dass dieser 3,9 Promille hatte.

Bei dem Unfallverursacher handelte es sich nicht um einen LKW-Fahrer. Doch in der öffentlichen Meinung werden solche Meldungen gerne vermischt. Man nimmt an, dass jede  Art von Lieferdienst etwas mit dem Gütertransport zu tun hat. Obwohl Kleintransporter nicht unter das Güterkraftverkehrsgesetz fallen. Trotzdem wird die Diskussion so angefeuert. Bemerkenswert ist an dieser Meldung die schwindelerregende Höhe der Promillezahl. Wir werden gleich sehen, was das mit unserem Körper macht, bzw. wie viel es von unserer Fahrtüchtigkeit übrig lässt.

Der zweite Unfall tötete eine Polizistin. Der Fahrer hatte 2 Promille und fuhr in Schlangenlinien über die Fahrbahn. Er krachte ins Heck eines Polizeiwagens und schleifte die Beamten 200 Meter weit über die Straße. Die Polizistin auf der Rückbank wurde zerquetscht und starb.

BR24 berichtet von einem betrunkenen Fahrer, der über eine rote Ampel fuhr, ein fahrendes Auto rammte und es in zahlreiche parkende schob. Die Autos fingen Feuer und steckten das Wohnhaus daneben in Brand. Der Fahrer hatte 2 Promille. Er steht vor Gericht wegen Unfallflucht, Körperverletzung, Trunkenheit am Steuer, Sachbeschädigung und Körperverletzung. Er sitzt in Untersuchungshaft.

Das ist furchtbar, keine Frage. Der Chefredakteur von eurotransport.de Rathmann zitiert den Leiter der UDV (Unfallforschung der Versicherer) Brockmann, der sagt: Man müsse Lehren aus den Unfällen ziehen, doch dürfe man angesichts der Statistik die Öffentlichkeit nicht ängstigen. Die Statistik sagt uns, dass von insgesamt 23 000 Unfällen 4000 durch Alkohol verursacht werden. 800 davon geschehen durch Fahrzeuge über 3,5 Tonnen.

Von der Zahl ist das nicht viel. Doch der Schaden, den ein außer Kontrolle geratener LKW anrichten kann, ist größer und verheerender als der eines Kleinwagens.

 

Kontrollen: Wie ist die Lage auf den Rastplätzen?

Christina Müller von der Süddeutsche.de gibt einen Überblick, wie es auf den Rastplätzen aussehen kann.

Die Polizei kontrollierte LKW-Fahrer, nachdem das Sonntagsfahrverbot endete. Sie positionierten sich an Rasthöfen in Hessen. Das Fahrverbot setzt viele fest, manche trinken. Darüber, wie viele LKW-Fahrer insgesamt kontrolliert wurden, gibt es keine genauen Angaben. Es müssen etwa 1140 gewesen sein. Denn die Zeitung spricht davon, dass jeder 6. Alkohol im Atem hatte. Bei 190 Fahrern hat das Messgerät angeschlagen. 79 davon hatten Werte über 0,5 Promille und durften nicht weiterfahren. Manche hatten sogar 2 Promille.

Das waren Stichproben aus einem bestimmten Bundesland. Es gibt jedoch Meldungen aus anderen Bundesländern, die ähnlich klingen. Wir wollen in diesem Blog nicht entscheiden, wo das Problem liegt. Dafür muss man viel genauer hingucken. Uns reicht es zu wissen, dass manche Fahrer trinken und dann fahren, obwohl sie dazu nicht mehr in der Lage sind. Wir wollen wissen, was der Alkohol mit uns anstellt und in uns auslöst.

 

Die Wahrnehmung verschwimmt, wenn der Pegel steigt

Wie ist das eigentlich mit den Promillewerten? Fahrer, die Personen befördern oder Gefahrengut, dürfen gar keine Promille haben. Für LKW-Fahrer im normalen Güterverkehr gelten die gleichen Regeln wie für Autofahrer: Sie müssen unter 0,5 Promille bleiben.

Drug.com ist ein Projekt der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Die Seite verrät, wie sich einzelne Promillestufen auf unsere Wahrnehmung und unser Bewusstsein auswirken.

Ab 0,3 Promille ist die Sehfähigkeit bereits leicht vermindert. Die Reaktionen verlangsamen sich und man kann sich nicht mehr gut konzentrieren. Man wird unvorsichtig.

Ab 0,8 Promille beginnt der Tunnelblick. Das heißt, das Sichtfeld verringert sich um 25%. Die Reaktionszeit ist um 30-50% langsamer. Der Gleichgewichtssinn ist gestört. Man kann Gefahrensituationen nicht mehr richtig beurteilen, weil man enthemmt ist und sich selbst überschätzt.

Ab 1 Promille ist man im Rauschstadium. Allgemein die Sicht und vor allem die räumliche Sicht verschwimmen. Man kann sich kaum orientieren, kaum sprechen und reagiert stark verzögert.

Ab 2 Promille ist das Gedächtnis gestört. Man reagiert kaum noch und die Muskeln sind schlaff. Man fühlt sich verwirrt.

Ab 3 Promille wird die Atmung schwächer und der Körper unterkühlt. Man reagiert gar nicht mehr. Man verliert zeitweise das Gedächtnis.

Ab 4 Promille lähmt Alkohol den Körper und die Reflexe funktionieren nicht mehr. Der Körper scheidet unkontrolliert aus. Der Atem wird immer weniger, bis er stillsteht.

All das ist gehemmt, vermindert oder gestört, was man unbedingt zum Fahren braucht. Dieser negative Einfluss beginnt bereits ab 0,3 Promille. Im Folgenden erfahren wir, wie man für sich selbst seinen Promillewert bestimmen lassen kann.

 

Die Sache mit dem Restalkohol und den Strafen

Auf Bussgeldkatalog.de kann man seinen Restalkohol selbst ermitteln. Restalkohol ist der Alkohol, der nach dem Schlafen immer noch nicht abgebaut und weiterhin als Promillewert erkennbar ist. Man rechnet im Groben mit der Faustregel: 0,1 Promille verschwindet pro Stunde. Das sind bei 1 Promille immerhin 10 Stunden. Der Fahrer mit 3,9 Promille vom Anfang hätte demnach 34 Stunden warten müssen, bis er nur auf 0,5 Promille wäre und somit fahren dürfte. Wie wir gesehen haben, ist er nur knapp dem Atemstillstand entgangen.

Wie schnell man die Promille voll bekommt, kann man am Rechner gut nachvollziehen. Für einen Mann von einer Größe von 1,80 und 80 Kilo Körpergewicht habe ich es getestet. Er bräuchte nur zwei Flaschen Bier (0,5l), um über dem zugelassenen Promillewert zu sein. Er wäre schon bei 0,6 Promille. Nach dem 3. Bier wäre er bereits im Rauschzustand, also bei 1 Promille.

Es geht also schneller, als man denkt. Wahrscheinlich auch schneller als man fühlt. Denn wir haben gesehen, dass man beginnt, sich selbst zu überschätzen, während sich gleichzeitig die Fahrfähigkeiten abschwächen.

 

Wie ist es, wenn man alkoholisiert erwischt wird?

Wer mit über 1,1 Promille fährt, tut dies unter “absoluter Fahruntüchtigkeit”. Dann gibt es 3 Punkte in Flensburg, eine Geld- oder Freiheitsstrafe. Denn es liegt eine Straftat vor. Als Nebenklage kann ein Fahrerlaubnisentzug oder ein sechsmonatiges Fahrverbot verhängt werden.

Wie gehen die Speditionen damit um, wenn ihre Fahrer nicht mehr fahren dürfen?

 

Führerschein und Beruf weg

Der Rechtsanwalt Heiko Klage erklärt auf Experto, wie die Rechtslage ist.

Der Arbeitgeber darf dem Fahrer kündigen, der alkoholisiert fährt. Viele Speditionen haben ein striktes Alkoholverbot, das im Arbeitsvertrag festgesetzt ist. Er möchte damit sein Eigentum schützen und natürlich das Leben anderer Verkehrsteilnehmer. Wenn es kein striktes Alkoholverbot gibt, gilt dennoch die Promillegrenze von 0,5. 

Wird dagegen verstoßen, unterscheidet man zwischen zwei Kündigungsgründen. Eine verhaltensbedingte Kündigung bedeutet, dass man Alkohol getrunken hat, ohne dass man an einer Suchterkrankung leidet. Man geht davon aus, dass der Alkoholkonsum aus freiem Willen geschieht. Das reicht für eine fristlose Kündigung. 

Eine personenbedingte Kündigung hingegen liegt vor, wenn die betroffene Person an einer Suchterkrankung leidet. Wenn man jedoch Suchtkrank ist und nachweislich etwas ändern möchte, etwa eine Therapie beginnt, kann am Gericht auch anders entschieden werden, zeigt Rechtsanwalt Henry Bach. Im Arbeitsrecht wird Alkoholabhängigkeit als Krankheit  anerkannt.

 

Alkoholismus als Krankheit

In einem Beitrag des Focus der Biologin Ingrid Müller heißt es, die Alkoholsucht sei eine Suchterkrankung. Sie habe nichts mit Charakter- oder Willensschwäche zu tun. Wenn der Konsum über den Genuss hinausgeht und eine Funktion erfüllt, spricht man von einer Sucht. Wenn er beruhigen oder belohnen soll oder bestimmte Probleme verschwinden lässt. 

Ein Suchtverhalten zeigt sich, wenn ein starkes Verlangen nach Alkohol da ist. Wenn man trinkt, kann man nicht aufhören. Man braucht steigende Mengen an Alkohol, um sich “gut” zu fühlen. Wenn man nicht trinkt, zittert man, wird nervös oder schwitzt. Es wird weiter getrunken, auch wenn schon einiges in die Brüche gegangen ist. Man bekommt glasige Augen und eine gerötete Nase.

Es ist schwer, die eigene Suchterkrankung zu erkennen und sich ihr zu stellen.

Für den Anfang bietet die BZgA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) einen Selbsttest an. Dann kann der Hausarzt weiterhelfen. Im Beitrag von Ingrid Müller findet man auch einen ersten Überblick, wie eine Therapie aussehen wird.

Was hilft, ist, einen Anfang zu machen und darüber zu sprechen.

 

Ein trockener Alkoholiker spricht

Auf der Seite Das Blogmagazin berichtet Severin Tatarczyk von seiner Alkoholabhängigkeit und wie er sie überwunden hat. Er sagt, der wichtigste Grund, weshalb er sich mit seiner Trockenheit so wohl fühle, sei der, dass er ganz offen damit umgehe. Er sagt, heimliches Trinken mache Stress und erhöhe noch einmal den “Saufdruck”. Es sei ein Teufelskreis.

Er erzählt auch, wie schwierig es anfangs war, auf angebotenen Alkohol zu erwidern, man sei trockener Alkoholiker. Doch als er es seinen Freunden gestand, gab es viel Interesse und Respekt. Er sagt, er bekomme viele Reaktionen von Menschen, die dankbar seien, dass er dieses schwierige Thema aus dem Schatten hole.

 

Fazit

Wir haben gesehen, was alles passieren kann. Zerquetschte Autos, brennende Häuser und versehrte Menschen. Fahrer ohne Führerschein vor dem Gericht.

Auch wenn die Zahl der Unfälle statistisch gesehen klein ist, sind die Unfälle, die passieren, meistens schlimm. Außerdem landen sie in den Nachrichten und werfen ein schlechtes Licht auf alle LKW-Fahrer.

Wir haben gesehen, wie erschreckend schnell ein paar Bier bereits die Fahrtauglichkeit verändern. Der Führerschein ist die Lebensgrundlage für LKW-Fahrer. Es sollte alles getan werden, um ihn zu behalten.

Wenn man es nicht schafft, nüchtern zu bleiben, weil man alkoholkrank ist, sollte man so mutig sein und es aussprechen. Zum Hausarzt und dann eine Therapie. Ein Arbeitgeber hat mehr Verständnis für jemanden, der seine Probleme erkennt und etwas dagegen unternimmt, als für jemanden, der sie verheimlicht, alkoholisiert fährt und somit andere gefährdet.

Es gibt gute Vorbilder, die ihre Alkoholsucht besiegt haben.

Teilt gerne eure Gedanken zu dem Thema, über das man eigentlich nicht spricht! 

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2 Antworten

  1. Achim Jürges sagt:

    Sehr interessant und hilfreich! So klar war mir das als jahrelanger Fernfahrer wirklich nicht.

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