Frachtdiebe Teil 1: Vorgehen und Folgen

(Bild: Sebastian Nagel)

 

Über das hinterhältige Vorgehen und die schlimmen Folgen von Frachtdiebstählen

In diesem Blogartikel berichten wir über das hinterhältige Vorgehen von Frachtdieben und die verheerenden Folgen dieser Verbrechen.

Deutschland als Transitland ist leider prädestiniert für die Verbrechen von Frachtdieben. Organisierte Banden marodieren über die Rasthöfe, brechen Frachter auf oder zerschlitzen die Planen.

Wir gucken uns die finanziellen Folgen an. Außerdem die finanziellen Einbußen, die Speditionen erleiden und die schwierig zu berechnen sind.

Wie kannst du dich gegen diese Verbrecher schützen? Wir verweisen auf Sicherheitstipps von Polizei und Versicherungsagenturen und verlinken Beratungsstellen.

Dieser Blog richtet sich erstmal an den Fahrer. In einem weiteren werden wir darauf eingehen, was generell für Maßnahmen dagegen unternommen werden können.

Alarmanlage an, Pistole unters Kopfkissen, zurückgelehnt und auf geht’s!

 

Deutschland, das Eldorado für Frachtdiebe

Wegen seiner Lage als Transitland ist Deutschland ein bevorzugtes Ziel für Frachtdiebe aller Art, erfahren wir auf Programm Polizeiliche Kriminalprävention. Die offenen Grenzen machen die Fahndungen sehr schwierig und die Erfolgsquote noch geringer. 

Die Frachtdiebstähle oder Cargo Crimes werden entweder von amateurhaften Gruppen oder von professionellen, gut organisierten Verbrecherbanden begangen. Letztere sind deutlich häufiger. Sie arbeiten mit Hintermännern, festen Abnehmern und teilweise sogar Spitzeln in den Speditionsunternehmen . Die Schäden, die dabei der EU-Transportwirtschaft entstehen, gehen bis in die Millionen.

Die Diebe schnappen sich alles, was leicht zu transportieren ist und gut umsetzbar, erfahren wir auf Polizei dein Partner. Längst nicht mehr nur teuren Technikkram und Luxus. Auch Sportartikel sind beliebt oder Lebensmittel. Selbst Fleisch aus dem Kühltruck im Wert von 100.000€ wurde bereits entwendet. Lebensmittel lassen sich leichter absetzen als Elektroartikel mit Seriennummern. Auch Pharmazeutiker stehen hoch im Kurs der Banden. Medikamente sind leicht und haben einen hohen Einzelpreis. Wählerisch sind die Diebe nicht.

Die Waren zu verhökern, ist so leicht wie nie, berichtet AXA. Das Internet macht es möglich, die Waren unauffällig loszuwerden zu einem nur sehr geringen Preisnachlass. Etwa 80% des Normalpreises lassen sich wohl erzielen. Während Waren vor den Internetkaufbörsen gerade mal 25% ihres Warenpreises erzielten.

Selbst in den eigenen Reihen gibt es Verräter. Manche, die selbst im Transportgewerbe tätig sind, geben Informationen an die Banden weiter. Helfen, geeignete Opfer auszuspähen und geben Informationen über wertvolle Frachten und Routen weiter. Manche Fahrer nutzen vielleicht immer dieselben Rasthöfe. Auch solche Gewohnheiten werden zum Nachteil der Fahrer weitergegeben.

Dabei ist das Risiko für die Diebe verhältnismäßig gering. Da selten Gewalt angewendet wird und der gestohlene Warenwert überschaubar ist, kommen die Täter in den seltenen Fällen, in denen sie erwischt werden, mit einer lumpigen Strafe von 1-2 Jahren davon.

Es gibt direkte Kosten, die nach einem solchen Raub anfallen. Diese entsprechen dem Warenwert der geklauten Ware und werden in manchen Fällen von der Versicherung getragen. Mehr aber auch nicht. Denn es gibt außerdem noch die indirekten Kosten. Kunden können abspringen. Der Ruf der Spedition kann zerstört werden. Sie gelten dann nicht mehr als sicher. Daher bleiben viele Diebstähle im Dunkeln, da sie nicht angezeigt werden. Dadurch will man den Ruf der Firma oder der Marke wahren.

Bei Medikamentendiebstahl kann es sogar zu kostspieligen Rückrufaktionen kommen. Die Pharmaindustrie stuft den Frachtdiebstahl tatsächlich als eines der schädlichsten Dinge für die eigene Branche ein.

Viele Opfer, gute Absatzmärkte. Ein Schlaraffenland für Frachtdiebe. Wie arbeiten diese Verbrecher?

 

Das perfide Vorgehen der Diebe

Frachtdiebstahl ist eine Disziplin, wo die Täter viel Erfindungsreichtum und Ausdauer beweisen. Es gibt einen Bericht der BAG über die Häufigkeit einzelner Vorgehensweisen, des modus operandi der Täter. Demnach passieren 71,7% der Diebstähle durch Einbrüche. Vermutlich sind das Planenschlitzer, die nachts zuschlagen. 20% sind unbekannt. 4,2% geschehen unter Gewaltanwendung. Das heißt, dem Fahrer wird Gewalt angedroht, man wird gefesselt oder entführt. Todesfälle im Zuge eines Raubüberfalls auf Frachten scheint es hingegen zum Glück nicht zu geben. 3,3% fallen immerhin auf den spektakulären Fall, dass man während der Fahrt gestoppt wird. 0,8% werden während der Fahrt bestohlen. Das nennt sich “Truck Robbery”. Wenn jemand während der Fahrt auf den Anhänger klettert und das Schloss aufbricht. In den dunklen Monaten und nachts hat man am meisten zu fürchten.

Die beliebteste Methode ist das Planenschlitzen. Nachts, wenn der Fahrer schläft oder die sanitären Anlagen besucht, warten sie in der Dunkelheit der Rasthöfe, schlitzen die Planen auf und machen sich über die Innereien her. Ist was Lohnenswertes drin, wird das Loch vergrößert und das Diebesgut in heranfahrende Kleintransporter gepackt. Schnell, leise, kühl und unglaublich gut organisiert. Gerne auf lauten Rasthöfen, da so die Chance verringert wird, entdeckt zu werden. 

Oft werden die LKWs im Vorhinein ausgespäht und können auch über längere Zeiten verfolgt werden. Dann schlagen die Diebe in einer angemessenen Situation zu. Das ermöglicht es ihnen, sich gut vorzubereiten.

Mancher Coup ist von langer Hand geplant und hätte eher Platz in den Kinosälen, statt auf deutschen Autobahnen. Wenn ein LKW mit einer Fracht ein bestimmtes Unternehmen anfährt, warten kurz vor dem Ziel die Diebe in gestohlenen Westen der Firma, die angefahren werden soll. Sie erklären dem Fahrer, dass zur Zeit keine Laderampe frei ist und dass die Fracht nicht angenommen werden kann. Sie verklickern ihm, dass gleich ein anderer LKW kommt, um die Ladung zu übernehmen. Erspart dem Fahrer die Wartezeit. Keine Gewalt, keine Revolver.

Schlafgas ist eine beliebte Waffe der Diebe, davon berichtet die Wirtschaftswoche. Das Gas ist farb-, geruchs- und geräuschlos. Es wird durch die Lüftungsanlage eingeleitet. Am nächsten Morgen bleibt ein fahler Geschmack im Mund, ein dicker Schädel und ein leerer Frachtraum.

Polizeiliche-Beratung.de listet noch mehr Strategien auf.

Raubüberfälle, wo Gewalt benutzt wird, kommen in Deutschland selten vor, wie wir der Statistik der BAG entnehmen können. Aber sie kommen vor. Wenn auch selten.

Manche Banden nutzen das Internet für falsche Bestellungen unter falschem Namen zu einsamen Adressen, wo sie die Fahrer überwältigen.

Sie können auch während der Fahrt zuschlagen. Ein Auto stoppt den Fahrer und weist ihn auf einen vermeintlichen Defekt am Fahrzeug hin. Wenn er dann anhält, fallen sie mit Gewalt über ihn her.

Selbst vor Entführungen schrecken diese Verbrecher nicht zurück. Zwei Täter stoppten einen LKW in einer inszenierten Verkehrskontrolle. Sie überwältigten den Fahrer, fesselten ihn, entführten ihn und fuhren selbst mit dem LKW weiter. Nach einer 20-minütigen Horrorfahrt luden sie die Ware auf eigene Laster um. Sie ließen den Fahrer gefesselt im Führerhaus zurück.

Was lernen wir daraus? Ein gesundes Misstrauen ist erstmal dein bester Beifahrer. Doch manchmal hilft auch Misstrauen nicht, dich vor Unheil zu bewahren.

 

Existenz beinahe zerstört durch Frachtdiebstahl

Deutschlandfunk berichtet von einem kleinen Speditionsunternehmen, dessen Existenz durch einen Diebstahl fast zerstört wurde. Der Spediteur, der gleichzeitig Fahrer für sein eigenes Unternehmen ist, fuhr einen Container Richtung Hamburg. Der Container konnte nicht direkt verladen werden. Der Spediteur war gezwungen, den Container über Nacht abzustellen.  Er sicherte ihn mit einem Zapfenschloss und GPS. Die Anlage samt Ware tauchte dann erst wieder in Polen auf. Trotzdem, eine Tragödie. Der Auftraggeber sprang ab und es gab tausende Euro Schaden.

Auch wenn der Fahrer wenig dafür kann. In den Augen des Auftraggebers sieht er unsicher und nicht mehr vertrauenswürdig aus. Er stellte den Container an einem Autohof ab, wo Tag und Nacht Betrieb war. Doch manchmal ist so viel Betrieb, dass niemandem auffällt, was gerade geschieht. Am Ende kümmert sich jeder um seinen Kram.

Es ist eine kleine Spedition mit zwei Fahrern und nur einem großen Kunden. Da kann so ein Diebstahl, verheerenden Schaden anrichten. Es gibt kein großes Geld für besondere Sicherheitsmaßnahmen an den LKWs. Auf den Kosten bleibt die Spedition hängen. Denn ähnlich wie beim Zahnarzt findet die Versicherung auch hier viele Gründe, um nicht zahlen zu müssen.

 

Die Versicherung zahlt nicht alles

Manchmal ist im Vertrag verankert, dass man nur auf videoüberwachten Parkplätzen stehen darf. Und wenn keiner da ist? Dann wird es schwierig. Von diesem Fall berichtet das Offene PR-Portal. Beim Landgericht Bremen musste ein solches Urteil entschieden werden.

Es ging um eine Ladung Sportklamotten, die von Bremen nach Frankreich gebracht werden sollte. Im Vertrag stand genau, dass nur an Rasthöfen gehalten oder sogar Pause gemacht werden darf, die videoüberwacht sind.

Der Fahrer konnte so einen Parkplatz nicht finden. In Belgien war er gezwungen, mit einem Parkplatz Vorlieb zu nehmen, der nicht videoüberwacht war. Er war zwar beleuchtet, hatte eine Verkaufsstelle und sanitäre Anlagen. Doch das hinderte die Diebe nicht daran, den Anhänger aufzubrechen und einen beträchtlichen Teil der Ware im Wert von 55.000€ zu klauen.

Der Fahrer erwischte die Diebe in flagranti, doch konnte sie nur noch davonfahren sehen. Dann rief er die Polizei. Alles nichts wert. Da er gegen die Vertragsauflagen verstoßen hat, muss er für den Diebstahl gerade stehen. Keine Versicherung. Eigenverschulden.

Auf der Route, die der Fahrer gewählt hatte, befanden sich keine videoüberwachten Rasthöfe. Die hätte er anders planen müssen, so die Meinung des Gerichts. Außerdem hätte er schon bei der Aussicht darauf, die Vertragsauflagen nicht einhalten zu können, den Vertragspartner darüber informieren müssen.

Diese Entscheidung des Gerichts klingt beinahe wie ein zweites Verbrechen.

 

Wie kannst du dich als Fahrer am besten schützen?

Am ehesten noch hilft die Taktik der Schafe vor dem Wolf. Man rottet sich zusammen an Rasthöfen, steht dicht an dicht, geschützt in der Herde. Wir haben bereits gesehen, wie vielfältig das Vorgehen der Diebe ist. Es gibt ein paar Trick, sich nicht zum leichten Ziel zu machen.

Man sollte nicht mit Fremden über seine Ladung, Ziel und Strecke sprechen. Kaschiert in scheinbar belanglosen Gesprächen, kann man da nach Informationen ausgequetscht werden.

Das klingt erstmal etwas lächerlich. Gemäß dem LKA verursacht das unbewusste Weitergeben von Informationen jedoch 60% der Raubüberfälle. Denn viele Waren werden bereits im Vorfeld ausgespäht und verfolgt.

Fahrzeug sollten nicht unbeaufsichtigt stehen. Nur helle und beleuchtete Parkplätze benutzen. Leicht gesagt. Heutzutage in der Praxis schwierig, wenn die Lenkzeit überschritten ist und alles voll.

Nach jedem längeren Halt sollten Ladung und Fahrzeug kontrolliert werden. Schlitzer in der Plane sind ein erstes Anzeichen dafür, dass sich jemand für die Ladung interessiert. Wenn was Wertvolles drinnen ist, werden sie vermutlich nicht locker lassen, bis sich eine geeignete Situation ergibt.

Hier ist ein langer Atem ein gutes Mittel. Wenn man sich verfolgt fühlt, einfach weiterfahren. Durch die lange Verfolgung können die Diebe das Interesse verlieren. Wenn man sich sicher ist, verfolgt zu werden, sollte man sich nicht davor scheuen, die Polizei zu verständigen. Frachtdiebstahl ist ein riesiges Problem. Die Diebe gehen der Polizei regelmäßig durch die Lappen. Sie werden dankbar sein für jeden brauchbaren Hinweis. Ein Nummernschild oder eine Täterbeschreibung.

Man sollte daher immer aufmerksam sein und sich umgucken. Seine eigenen Eindrücke und Gefühle des Verfolgwerdens ernst nehmen und sich selbst nicht gleich Verfolgungswahn diagnostizieren. Manchmal wird man seit längerem verfolgt, wie die AXA berichtet. Auf auffällige Fahrzeuge achten. Wenn sie auch noch dieselbe Raststätte ansteuern, wird es brenzlig.

Das Präventionsportal der Polizei dein Partner rät dazu, nicht den Helden zu spielen. Wenn es also nachts rappelt am Anhänger, in der Fahrerkabine bleiben und die Polizei verständigen.

Die AXA schlägt vor, den Fahrer vorab zu schulen und ihn auf eine solche Situation vorzubereiten. Vielleicht sogar auf eine Entführung. Damit er sich richtig verhält und das Risiko fürs Leben geringer wird. Solche Schulungsprogramme gibt es beispielsweise schon für Bankmitarbeiter und Verkäufer im Supermarkt. 

Hier findest du die nächsten Beratungsstellen der Polizei. Du findest direkt welche in deiner Nähe, wo immer du auch bist. Sie geben dir Verhaltenstipps im Ernstfall und schicken Hilfe.

 

Fazit

Es gibt sie schon so lange: Frachtdiebe. Und doch scheint kein Kraut gegen sie gewachsen zu sein.

Die Polizei scheint machtlos und überfordert. Sie kann nur Scherben aufsammeln. Sie nehmen Aussagen auf, die ins Leere laufen. Versicherungen decken nicht alles ab und drücken sich gerne um den Schadensersatz.

Tief kann das Gewissen der Straftäter nicht gehen. Für ein Paar Euro nehmen sie es in Kauf, Firmen zu vernichten und Menschen zu traumatisieren. Medikamente zu klauen, ohne zu wissen, wie nötig sie gebraucht werden. Niederträchtige Banden.

Sie hinterlassen eine Menge Schaden. Nicht nur finanziell und auf den Planen. Auch Risse in den Fahrern, die überwältigt wurden, gequält und verängstigt. Auch denen, die noch nichts dergleichen erlebt haben, wird es wohl mulmig auf dunklen Rasthöfen. 

Über die Opfer von Raubüberfällen sprechen wir im zweiten Teil dieses Blogs. Außerdem schauen wir uns im nächsten Beitrag zu diesem Thema die Sicherheitssysteme der LKWs an und was die EU oder die Polizei gegen Frachtdiebe versucht zu unternehmen.

 

Wie ist das in der Realität? Ist es nicht schwierig, sich nichts zu lasten kommen zu lassen? Immer alle Sicherheitsvorkehrungen exakt einzuhalten? Teilt eure Meinung gerne mit uns.

 

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