LKWs fahren mit Wasserstoff

(Bild: Sebastian Nagel)

 

Mit ordentlich Wasser unterm Hintern in die Zukunft

Nach der Pariser Klimakonferenz 2015 ist ein Wettlauf entbrannt. Viele Länder pumpen ordentlich Geld in die Entwicklungen von Wasserstoff-Technologien. Deutschland ist vorne mit dabei.

Wir versuchen, einen Überblick zu bekommen über Funktion, Geschichte und Zukunft. Wir werden sehen, dass die Wasserstoff-Technologie keine neue Entwicklung unserer Zeit ist. Es gibt sie schon lange. Nur jetzt werden die Alternativen knapp. 

Die ersten LKWs mit Brennstoffzellen sind unterwegs. Deutschland ist das Land mit den meisten H²-Tankstellen. Zum Schluss ziehen wir Bilanz: Ist Wasserstoff der Brennstoff der Zukunft?

Wasser marsch und los geht’s!

 

Was ist die Quelle dieser Bewegung?

Die Klimakonferenz 2015 in Paris hat den Anstoß gegeben. Dort verpflichteten sich viele Staaten, selbst gesetzte Klimaschutzziele zu erreichen. Das fossile Zeitalter neige sich dem Ende zu, da ist man sich in Europa einig. Die CO²-Emissionen müssen zurückgehen. Deutlich. Bis 2045 will Die Bundesregierung eine neutrale Bilanz.

Man fasse bei diesen Bemühungen vor allem Wasserstoff ins Auge. Dazu wird geforscht, geprobt und getan. Das Element ist vielseitig. Er ist Energiespeicher, Rohstoff und Brennstoff zugleich. Ein Alleskönner.

Am 10. Juni 2020 beschließt der Bundestag seine nationale Wasserstoff-Strategie. 9 Milliarden Euro werden für die Forschung, Erprobung und Umsetzung bereitgestellt. 

Es gibt dazu eine YouTube-Doku vom BMDV. Ziel ist es mit der Brennstoffzelle auf dem internationalen Markt die Nummer eins zu werden.

Am 8. Juli folgt die EU mit einer europäischen Wasserstoffstrategie. In Ganz Europa regt sich also etwas zu dem Thema. Die Dämme brechen und die vorherige Skepsis wird weggespült.

 

Multitalent Wasserstoff

75% des gesamten Universums besteht aus dem gasförmigen Wasserstoff (H²). Immer gebunden, selten rein. Beispielsweise in Methan (CH4), Schwefelwasserstoff (H²S), Ammoniak (NH³) und natürlich Wasser (H²O). Wenn es schon überall drin vorkommt, ist auch klar, dass man daraus auch einiges machen kann.

Zunächst könnte er für eines unserer heikelsten Themen gebraucht werden: der Mobilität. Bisher ist der Gütertransport für ⅖ der Treibhausgase in Deutschland verantwortlich. Man könnte jedoch mehr als nur Autos und LKWs damit in Gang setzen; auch Schiffe, Züge und sogar Flugzeuge.

In der Industrie fände er seine Verwendung. Zum einen, um Energie zu erzeugen, bloß ohne die Massen an Abgasen, die momentan aus den Schornsteinen quillen. Doch auch als Rohstoff in Produkten. Ammoniak für Dünger, zur Herstellung von Medikamenten, Margarine, Glas, Plastik und Siliziumchips. 

Inzwischen wird Wasserstoff auch in einigen NASA-Raketen eingesetzt, und um Energie in einem Space-Shuttle zu erzeugen.

Die Einsatzmöglichkeiten sind sehr vielseitig. In vielen Prozessen der Industrie findet Wasserstoff heute schon Verwendung. Es gibt bereits eine reiche Tradition an Erfahrungen und Erfolgen mit dem Stoff.  

 

Raus aus dem trüben Wasser: Was ist Wasserstoff?

Wasserstoff war eines der ersten Elemente, das nach dem Urknall entstand. Es ist das Atom mit der einfachsten Zusammensetzung überhaupt: ein Proton und ein Elektron. Es wird also niemals knapp werden, so wie die fossilen Brennstoffe zur Zeit.

Metropolregion-Nordwest erzählt mehr davon. Er entzündet sich nicht selbst und ist geruchsneutral. Er ist nicht gesundheits- und umweltschädlich..

Man unterteilt Wasserstoff in Farben. Je nachdem, wie er gewonnen wurde. Grauer Wasserstoff wurde durch fossile Brennstoffe erzeugt. Grüner Wasserstoff ist der, der angestrebt wird. Er wird aus Wasser gemacht unter Anwendung von Öko-Strom. Er hat keine CO²-Emissionen. Dazwischen gibt es noch einige Farben, die wir hier nicht weiter ins Auge fassen. Denn der grüne Wasserstoff ist der, der für unsere Klimaziele am meisten Sinn macht.

Wasserstoff kann gefährlich sein. Wasserstoffbomben kennt jeder. Im richtigen Mischungsverhältnis mit Sauerstoff kann Wasserstoff explodieren. Durch unsere lange Tradition mit Wasserstoff sind unsere Sicherheitsstandards jedoch hoch. Wir lagern ihn in Druckbehältern. Selbst wenn daraus einmal Wasserstoff entweichen sollte, kommt es nicht zur Explosion. Wasserstoff ist 14-Mal leichter als Sauerstoff. Deshalb steigt er schnell in die Luft und verschwindet. Es kann immer etwas passieren, na klar, aber die Risiken sind geringer als bei momentan verwendeten Kraftstoffen.

Wasserstoff hat auf das Gewicht bezogen mehr Energie pro Kilogramm als Benzin und Erdgas. 1 Kilogramm Wasserstoff enthält so viel Energie wie 2,8 Kg Benzin oder 2,1 Kg Erdgas. Für 1 Kg Wasserstoff ist jedoch ein größerer Volumenraum nötig. Er ist ja sehr leicht, wie wir erfahren haben. Das war lange ein Problem. Inzwischen kann man ihn gut in Luftdrucktanks zusammenpressen.

 

Entlang des zeitgeschichtlichen Bachlaufs des Wasserstoffs

In Energie-Winde erfahren wir, wie weit die Faszination für Wasserstoff zurückreicht. Jules Verne veröffentlichte 1875 seinen Roman „Die geheimnisvolle Insel”. Darin lässt er seine Hauptfigur sagen: “Ich bin überzeugt, dass Wasserstoff einmal als Brennstoff Verwendung finden wird.”

1766 wurde Wasserstoff zum ersten Mal als eigenständiges Element erkannt. Da Wasserstoff viel leichter ist als Luft, war er sehr geeignet, Heißluftballons zu füllen. Er bekam einen schrecklichen Ruf, als 1937 der Zeppelin ,Hindenburg’ verbrannte. Obwohl inzwischen bewiesen wurde, dass nicht der Wasserstoff die Explosion auslöste, sondern ein Kurzschluss. Der Wasserstoff wäre in einer riesigen Stichflamme in den Himmel gezogen. Verbrannt sind die Leute darunter, weil sich das Benzin aus den Maschinen entzündete und über sie ergoss. 

Doch der Ruf war hinüber und aus dem vielversprechenden Element wurde etwas Gefährliches. Nicht das allein hinderte sein Vorankommen.

Er verlor den Konkurrenzkampf gegen Erdgas und Kohle, da er im Vergleich zu teuer war.

Jetzt, wo die Alternativen langsam knapp werden, ist er der Trendstoff, auf dem alle Hoffnung liegt.

1800 erzeugte man das erste Mal reinen Wasserstoff mit der Elektrolyse. 1830 gab es die ersten Ideen zum Prinzip einer Brennstoffzelle. Die Prinzipien sind bis heute geblieben. Wir schauen uns an, wie sie funktionieren.

 

Elektrolyse und Brennstoffzelle

Bei TÜV Nord lesen wir den Satz: Mit Luft oder Sauerstoff verbrennt Wasserstoff zu Wasser. Den Satz muss man erstmal langsam verstehen. Dass etwas zu Wasser verbrennt. Wir schauen uns an, wie das funktioniert.

Im Wasserstoff liegt Energie, so wie in anderen Kraftstoffen. Die muss freigesetzt werden. Dafür wird der Wasserstoff erstmal vom Sauerstoff getrennt. H²O wird zu O² und 2H². Das macht die Elektrolyse. Das ist ein chemischer Trennvorgang unter Beigabe von Strom. Die beiden Elemente trennen sich. Reiner Wasserstoff wird in einem Druckbehälter aus Karbonfaser komprimiert, das heißt unter Druck zusammengepresst und gelagert. In der Brennstoffzelle wird er wieder zusammengefügt in einem bestimmten Verhältnis. Dadurch wird Energie freigesetzt, mit der man den Elektromotor im Fahrzeug antreiben kann. Es ist das umgekehrte Prinzip der Elektrolyse. Es findet eine kalte Verbrennung statt.

Fahrzeuge mit Brennstoffzellen haben einen Elektromotor. Sie brauchen aber nicht so große Batterien wie Elektroautos. Ein Argument gegen E-LKWs ist, dass sie riesige Batterien benötigen. Die braucht ein Brennstoffzellen betriebener LKW nicht.

Es gibt auch reine Wasserstoff-Verbrennungsmotor. Aber das ist ein Thema für einen anderen Blogartikel.

Die Abgase wären völlig CO²-Neutral, es liefe lediglich Wasser aus dem Auspuff. Wie wir in einer sehr umfassenden MDR-Doku  sehen können, kann man das Wasser per Knopfdruck ablassen. Die Moderatorin hält sogar ein Wasserglas daran und trinkt es. Das ist eine sehr eindrucksvolle Demonstration.

 

Was können die neuesten W-LKWs leisten?

Heise berichtet davon, dass Clean Logistics und GP Joule die Auslieferung von 5000 LKWs mit Brennstoffzellen planen für das Jahr 2023-2027. Sie fahren sogar mit grünem Wasserstoff. Da GP Joule mit Sitz in Schleswig-Holstein seinen Wasserstoff durch die dortige Windenergie bekommt.

Es gibt bei Daimler erste Tests mit tiefgekühltem Wasserstoff, von dem man mehr lagern kann und somit die Fahrreichweite erhöht.

Vom Xcient von Hyundai fahren bereits 100 in der Schweiz und 27 in Bremen.

Ende Juni 2022 präsentiert Volvo seinen ersten H²-LKW. Er schafft 1000km mit einer Tankfüllung. Sie haben sich mit Daimler zusammengeschlossen, um künftig zusammen Brennstoffzellen zu produzieren. Nach 2025 soll er in Serie gehen. Mit der zur Verfügung stehenden Leistung könnte das Gewicht von 65 Tonnen gezogen werden.

Die ersten Modelle sind also bereits auf der Straße oder gehen in Serie. Die Nachfrage und das Angebot steigen. Aber können die auch versorgt werden? Wie sieht es mit den Tankgelegenheiten aus?

 

Wo ist das nächste Wasserloch? Wie viele H²-Tankstellen gibt es?

1999 wurden bereits die ersten H²-Tankstellen in Hamburg eröffnet. Da gab es noch wenig Interesse. Inzwischen gibt es 100 Stück in Deutschland. Weltweit gibt es gerade mal 500. Wenn der Markt anrollen soll, dann bietet Deutschland ein gutes Startfeld. 

Zum Vergleich: Es gibt in Deutschland etwa 14 000 Benzin- und Dieseltankstellen. Da müsste man also nachlegen. 100 Tankstellen reichen jedoch aus, dass alle 100 Kilometer eine steht. Man läuft also nicht trocken, wenn man gut plant.

H2 Mobility ist ein Unternehmen, dass einen Großteil der H²-Tankstellen baut und betreut. Gerade sind sie dabei, die Tankstellen auch für Schwertransporte, LKWs und Busse also, nutzbar zu machen.

Die Technologie ist bereits da. Es gibt erste Autos, erste LKWs und Tankstellen.

 

Nachteile und Kritik

Der Wasserstofftank und die Brennstoffzelle brauchen Platz. Beide nehmen viel Raum ein. Das ginge auf Kosten der Ladefläche.

Im Moment sind die Anschaffungskosten noch sehr hoch. Denn noch ist nichts in Serie gegangen. Diesel und Benziner haben eine lange Tradition. Klar, dass die gesamte Infrastruktur steht und die Fabriken dafür. Da kann man am Preis sparen. Das entwickelt sich für die Brennstoffzellenfahrzeuge erst.

Wie man in einem Artikel der Tagesschau lesen kann, werden einzelne Vertreter der bestehenden Automobilindustrie subventioniert und bezuschusst. Während der Abwrackprämie 2009, bekamen Leute Geld vom Staat für den Kauf eines neuen Autos. Seit 2016 gibt es Zuschüsse für Elektro- oder Hybridautos. Vielleicht gibt es solche Prämien auch bald für die Brennstoffzellenfahrzeuge.

Das schwerwiegendste Argument gegen den Wasserstoff ist jedoch, dass der Wirkungsgrad  schwach ist. Das heißt, die Zusammenführung von Wasserstoff und Sauerstoff in der Brennstoffzelle kostet allein schon sehr viel Energie. Dabei gibt es große Verluste.

 

Fazit

Große, schwere Schritte sind für diese neue Technologie schon gemacht worden, die mühsamsten. Die Regierung ist überzeugt und spendiert ein paar Millionen. Ein erstes Tankstellennetz ist entstanden und die großen LKW-Bauer wie Volvo und Daimler sind auf den Geschmack gekommen.

Es gibt viele gute Gründe für Wasserstoff und die bestehenden Unzulänglichkeiten lassen sich bestimmt verbessern. Dafür gibt es 4 Innovationszentren für Wasserstofftechnologie in Deutschland: In Hamburg, Duisburg, Chemnitz und Bayern.

Stell dir vor, du stehst an einem Rastplatz und die Abgase sind nicht so dick, dass du sie auf der Zunge schmecken kannst. Es ist still, da die Brennstoffzellen-Fahrzeuge leise dahingleiten. Und wenn du nichts zu trinken dabei hast, nimmst du einfach einen Schluck aus deinem Auspuffrohr.

Es ist beinahe kaum vorstellbar: Saubere Luft, leiser Verkehr. Wenn wir jetzt noch das mit dem Müll und dem Platzmangel auf den Rastplätzen hinbekommen, wird es dort zum Paradies.

Was denkt ihr über diese neue Technologie? Könnt ihr euch euren Alltag mit ihr vorstellen? Teilt eure Meinung gerne in den Kommentaren.

 

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