LKW-Rastplatzmangel

(Bild: Sebastian Nagel)

 

Neue Lösungen für ein altes Problem

In diesem Blog erfährst du, an wie vielen LKW-Parkplätzen es mangelt und was das für LKW-Fahrende bedeutet. Wir zeigen kreative Projekte, die in dieser Parkplatzwüste aufblühen.

Die Sorge, keinen Parkplatz für die Nacht zu finden, löst Stress und die vergebliche Suche danach Hektik aus. Wie unangenehm, sich nach getaner Arbeit noch solchen Herausforderungen gegenüber zu sehen.

Erfahre hier, wie man mit LKWs Tetris spielt, wie man sie aufeinander stapelt und wie man Industriegebiete zu LKW-Parkplätzen umrüstet.

Da tut sich was!

Kopfkissen aufgeschüttelt, Schlafmütze auf, fertig für die Nacht!

 

Die Nacht auf dem Standstreifen

Die Logistik wächst und wird größer. Es wird so viel geliefert, wie nie zuvor. Das meiste immer noch durch LKWs. Deutschland hat eine eigene starke und quirlige Logistik, doch auch andere Länder durchziehen es mit ihren Lieferungen. Immerhin gilt Deutschland als das größte Transitland Europas.

Die LKW-Flotten wuchsen rasant über die letzten 50 Jahre. 1980 gab es in Deutschland 1,28 Millionen LKWs, erfahren wir auf Statista. Und jetzt sind es mehr als dreimal so viele: 3,64 Millionen. Und das sind nur die deutschen LKWs. Denn die LKWs, die Deutschland als Transitland oder zur Kabotage nutzen, sind in diesen Zahlen gar nicht berücksichtigt.

Eine Studie des ADAC aus dem November letzten Jahres ergab, dass zur Zeit 20.000 LKW-Parkplätze fehlen. Für diese Erhebung haben sie 96 Rastanlagen in Deutschland inspiziert. Viele LKWs mussten über Nacht sehr waghalsig schlafen, da sie keinen Parkplatz finden konnten. Manche stehen an Ein- und Ausfahrten oder auf dem Standstreifen. Mordsgefährlich für die LKW-Fahrenden und andere Verkehrsteilnehmer. In Österreich, Dänemark und der Schweiz sieht es nicht anders aus. Dort reagieren die Behörden aber anders. Mit Videoüberwachung kontrollieren sie und mit vierstelligen Beträgen strafen sie diejenigen auch noch, die einfach keine Parkplätze finden konnten. Ganz klar der falsche Sündenbock.

Es gibt ein Dilemma: Einerseits wollen die Fahrenden ihre Lenk- und Ruhezeiten einhalten, um niemanden zu gefährden, wenn sie übermüdet fahren. Andererseits finden sie keine Parkplätze und sind gezwungen, so zu parken, dass sie den Verkehr gefährden. Zwischen diesen Optionen müssen sie sich entscheiden. Je später es wird, desto unwahrscheinlicher kann ein Parkplatz für die Nacht aufgestöbert werden.

Diese Situation hat einen langen und widerwärtig dicken Rattenschwanz, der sich über die wichtigsten Schwerlastverkehrsrouten zieht. Denn bereits vor Feierabend, werden die Fahrenden unruhig. Manche hetzen, um vor den anderen einen Platz zu ergattern. 

Jede Nacht ab 17 Uhr beginnt an den Rasthöfen ein Spiel, das wir nur aus Kindertagen kennen: Eine Reise nach Jerusalem mitten in Deutschland. Die, die zu spät kommen, können sich nur noch auf dem Seitenstreifen niederlassen, notdürftig geschützt durch leuchtende Warnwesten, die mickrig an der Ladefläche flattern, erfahren wir auf Eurotransport. So entstehen Hektik und ein Konkurrenzkampf unter Kollegen, die eigentlich unter derselben misslichen Lage leiden.

Das erhöht die Gefahr und macht einen ohnehin schon schweren und entbehrungsreichen Beruf noch härter. Hinzu kommt, dass die Parkplatzsuche nichts mit der eigentlichen Arbeit zu tun hat und erst nach der Arbeit mit erloschenen Kräften ausgefochten werden muss.

Wer versucht, dem riskanten Parken zu entgehen, fährt von der Autobahn ab, um in Wohn-, Misch- oder Industriegebieten ein stilles Plätzchen zu finden. Doch dort warten bereits die nächsten Abweisungen und Gefahren.

Denn Anwohner haben wenig Verständnis für parkende LKWs. In den Ruhrnachrichten lesen wir, wie sich Anwohner über die nachts parkenden LKWs beschweren.

So sieht es vielerorts aus. Die Anwohner beschweren sich. Parkflächen werden für LKWs gesperrt und verboten. Niemand möchte die LKWs in der Nähe geparkt sehen. Die Anwohner stören sich am Bild und am Lärm. Lärmbelästigung, Sichtbehinderung und Störung der nächtlichen Ruhe durch laufende Kühlaggregate, schimpfen die Leute. Auf die gekühlte Milch morgens im Kaffee möchten sie jedoch nicht verzichten.

Doch je weiter man sich von der Autobahn und dem Dauerfluss der Straßen wegbewegt, desto mehr steigt die Gefahr von Frachtdiebstahl. Darüber haben wir bereits berichtet: Frachtdiebe.

Die Parkplätze werden oft von LKW-Fahrenden verstopft, die für Firmen und Speditionen im Ausland arbeiten. Diese Speditionen lassen ihre Fahrer oft monatelang nicht nach Hause kommen. Über ein bekanntes Beispiel davon haben wir bereits geschrieben. Wo die schlechte Behandlung der Fahrer in einen handfesten Protest ausuferte: Truckerstreik auf der A5.

Natürlich ist es so auch schwer einen Überblick über die benötigten Parkplätze zu bekommen. Wenn ein Unternehmer seine Fahrer zwingt, auf deutschen Rasthöfen zu leben, ist klar, dass sie unter Dauerbelastung stehen.

Damit haben wir einen Überblick über die Situation erhalten. Schön ist das nicht. Am meisten geht es auf Kosten der Fahrer. Es geht auf deren Nerven, Geduld und Konzentration. Wir schauen uns Lösungsansätze an.

Das Naheliegendste ist natürlich: Es fehlen Parkplätze, dann baut doch mehr.

 

Lösung: Mehr Bauen

Mehr Parkplätze sollen gebaut werden. So viele Flächen kommen dafür allerdings nicht in Frage. Denn die Parkplätze oder Rastanlagen müssten nahe der Autobahnen entstehen. Trotzdem gibt es Flächen und das Geld sitzt dafür beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr, kurz BMDV, auch recht locker. 90 Millionen Euro stehen für den Bau neuer, autobahnnaher Parkplätze bis 2024 bereit.

Für die Fördermittel kann sich bewerben, wer neue Parkplätze bauen möchte, bestehende ausbauen oder bisher anderweitig genutzte Flächen umfunktionieren möchte. Zum Beispiel Firmen- oder Messeparkplätze.

Die Auflagen, die man hat, ermöglichen eine dichte Belegung. Die Plätze sollen über ein System verfügen, das den aktuellen Belegungsgrad misst und ihn online zur Verfügung stellt. So können die LKW-Fahrenden vorab gucken, ob noch etwas frei ist.

Die Förderung beinhaltet alles, was zum Bau komfortabler und sicherer Rastanlagen notwendig ist.

Für die Umsetzung, Vergabe und Anmeldung ist das Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) zuständig.

In den letzten 12 Jahren wurden 1,2 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt locker gemacht und für neue LKW-Parkplätze ausgegeben. Von 2008 wuchs die Zahl der LKW-Parkplätze von 53.900 auf 70.800 im Jahr 2018 an.

Wäre die Anzahl der LKWs nicht gleichzeitig mitgewachsen, hätte das wohl auch gereicht. Obwohl also in 12 Jahren etwa 20.000 Parkplätze entstanden sind, fehlen heute immer noch mehr als 20.000.

Die Baubereitschaft ist also da. Geld auch, und das nicht zu knapp. Inzwischen stellen sich jedoch Bürger und Anwohner quer, berichtet Eurotransport. Sie fürchten den Lärm, die permanente Beleuchtung und die vermutete ansteigende Kriminalität durch Frachtdiebe. Es gründen sich einige Bürgerinitiativen, die auch Erfolg haben.

Eine Idee, mehr Parkplätze für LKWs zur Verfügung zu stellen und trotzdem nicht die Bürger zu erzürnen, ist, vorhandene Flächen zu nutzen. Der geringste Umbauaufwand entstünde durch das Kolonnenparken.

 

Lösung: Kolonnenparken

Beim Kolonnenparken geht es darum, den vorhandenen Parkraum völlig auszunutzen. Dafür möchte man die LKWs so eng wie möglich aneinander parken. Man achtet dabei darauf, wer als erstes abfährt. So will man die vorhandenen Parkplätze doppelt belegen. Wenn dieser dann voll ist, werden die Fahrgassen auch noch zugeparkt.

Dadurch können auf einer Parkreihe drei LKWs hintereinander stehen. Einer in der Mitte, was vorher nicht möglich war.  Die, die als erstes weiter müssen, stehen vorne. Dafür greift man auf die Telematik zurück. Digitale Schilder an den Rastanlagen und bereits davor informieren über die Belegung und darüber, ob noch ein freier Parkplatz zu ergattern ist.

Die freien Plätze und die Längen der einzelnen LKWs werden gescannt und den Lücken optimal zugeordnet. Ein bisschen wie Tetris. Nur hat kein Mensch das Vergnügen zu spielen, sondern eine Software, die mit Scannern und einem Algorithmus ausgestattet ist.

Das Ganze startete erstmalig 2016 als Pilotprojekt in Bayern an der Rastanlage Jura-West, berichtet BASt. Durch die Sortierung konnten die vorhandenen Parkplätze von 70 auf 105 erhöht werden.

Das System läuft vollautomatisch und wurde von BASt entwickelt.

Seit 2018 wird das auch auf der A93 getestet, berichtet das bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, Stmb.Bayern. Hier konnte die Parkkapazität um 50% erhöht werden.

LKWs dicht an dicht aneinander zu schieben ist eine Möglichkeit. Doch dem ein oder anderen wird da der Platz fehlen, seinen Stuhl oder Campingkocher auszupacken. Wenn es überall zu eng wird, versuchen andere in die Höhe und Tiefe zu bauen.

 

Lösung: Truck Tower

Truck Tower heißt ein bereits mehrere Jahre altes Projekt. Hierbei geht es darum, auf die vorhandenen LKW-Parkplätze Hochhäuser für LKWs zu bauen. Motiviert durch die Idee, nicht noch mehr Boden mit Beton zu versiegeln, wollen sie die bereits bebaute Parkflächen um ein Paar Ebenen nach oben und unten ergänzen. Die gewaltigen grauen Kästen reichen zwei Etagen in die Höhe und eine in den Keller.

Es gibt zwei Einfahrten links und rechts und die LKWs werden über ein Aufzugsystem zu ihrem Parkplatz befördert. Es funktioniert ein bisschen wie eine Waage. Denn um LKWs in die zweite Etage zu bekommen, braucht man viel Energie. Um die einzusparen, macht man sich das Gewicht der LKWs auf der anderen Seite zu nutzen. Dafür werden die LKWs vorher gewogen. Die schweren kommen in den Keller und ziehen mit ihrem Gewicht die leichteren nach oben. Ansonsten versucht man, die LKWs so auf die beiden Seiten zu verteilen, dass sie sich gegenseitig ausgleichen. Die restliche, noch fehlende Energie möchte man über Solarpaneele gewinnen, die auf dem Dach montiert sind.

Die LKW-Fahrenden können sich für die Nacht in Containern einmieten. Dusche, Toilette, Schreibtisch und Bett. Es gibt ein Restaurant und die Möglichkeit, etwas zu Essen zu bestellen. Kühlfahrzeuge können nachts an den Strom angeschlossen werden und müssen so nicht über den Motor laufen. Gesichert gegen Diebstahl sind die Parkplätze außerdem.

Bisher ist es immer noch ein Projekt, das noch nicht realisiert werden konnte. Es werden immer noch Investoren und Partner gesucht. Finden konnte ich zumindest keine neuen Meldungen. Auch über einen möglichen Preis konnte ich nichts finden. Vermutlich wird es jedoch das Budget der meisten überschreiten.

Wie es scheint, noch Zukunftsmusik. Doch was bereits angekommen ist und bereits läuft, ist das Truck-Parking.

 

Lösung: Truck-Parking

Truck-Parking macht gleich Schluss mit zwei Sinnlosigkeiten. Einerseits mit der sinnlosen Parkplatzsuche und andererseits mit der sinnlosen Nutzlosigkeit von Industriegebieten während der Nacht. Wie wir bereits gesehen haben, steht auch für solche Projekte Geld zur Verfügung.

Die Idee ist, Industriegebiete so umzurüsten, dass die Parkplätze während der Nacht als LKW-Parkplätze genutzt werden können. Die Unternehmen, die den Umbau und die Vermittlung organisieren, helfen auch bei der finanziellen Förderung. Dafür verdienen die Vermittler mit. Haben sie sich aber auch verdient. Denn sie stellen die App für Fahrende und Disponierende zur Verfügung und die Zugangstechnik für die Vermietenden.

Die Parkplätze müssen mit Sanitäranlagen (Toiletten und Duschen) ausgestattet werden. Und für die Sicherheit sorgen Kameras und Zäune.

Kravag ist eines der Unternehmen, die das Ganze ins Leben gerufen hat. Das Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft der R+V Versicherungen, berichtet Merkur. Die Versicherung ist dadurch motiviert, etwas an der Lage zu ändern, da sie große Teile der Branche versichert. Ausgeschlafene und entspannte Fahrer bedeuten weniger Unfälle, so einfach ist die Rechnung. Win-win.

Die Firma, die die Parkplätze vermietet, kann dadurch auch nachts verdienen und ihre Höfe sind voller Leute, was Einbrüche seltener macht. Versicherung gewinnt, Firmen gewinnen und vor allem gewinnen die Fahrenden. Win-Win-Win.

Die Fahrer können vorher reservieren. Die Vermittler sorgen für das Vorhandensein sanitärer Anlagen und Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe.

Die Orte, die dafür gesucht werden, sind zwar immer noch nah an der Autobahn, doch nicht direkt daneben. Somit sind sie auch ein bisschen leiser und bieten etwas mehr Ruhe und Erholung.

Dieses Projekt läuft bereits, weitet sich aus und hat schon verschiedene Anbieter.

 

Fazit

Alle Bemühungen, die Parkplatznot zu schmälern, gehen dahin, den LKW-Fahrenden den Suchstress zu ersparen und die eigentliche Fahrarbeit wieder angenehm zu machen.

Es ist eine durchweg sinnvolle Sache, sichere und bequeme Parkmöglichkeiten zu bieten, wo die stark beanspruchten Fahrer über Nacht zu Kräften kommen können.

Wahrscheinlich wird es darauf hinauslaufen, dass alle vorgestellten Ideen sich durchsetzen werden und als Möglichkeiten nebeneinander bestehen.

 

Welche Übernachtungsmöglichkeit würde euch am ehesten ansprechen? Schreibt es gerne in die Kommentare.

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