Frauen in der Logistik

(Sebastian Nagel)

 

Die Branche verändert sich für und mit Frauen

In diesem Blog schauen wir uns an, warum bisher nur wenige Frauen in der Logistikbranche arbeiten und was an vielen Stellen getan wird, um das zu ändern.

Die Logistik wächst unaufhörlich. Damit wachsen auch die Aufgaben. Es mangelt an Fachpersonal und an weiblichem Einfluss.

Erfahre, wie viele Probleme gelöst werden würden, wenn mehr Frauen den Weg in die Branche und vor allem in die Führungsriege fänden.

Für viele Frauen ist es eine große Hürde, in einer von Männern dominierten Szene Fuß zu fassen. Wir zeigen dir zwei besondere Frauen, die das Tag für Tag schaffen.

Vorurteile beiseite und Wasser marsch! Die Logistik wird mal ordentlich durchgespült.

 

Die Lage 

Grundlagen und Wissen schöpfen wir für diesen Blog hauptsächlich aus einer Veranstaltung des BVL. Denn sämtliche Publikationen, die zu diesem Thema zu finden waren, beziehen sich immer wieder darauf. Der BVL (Bundesvereinigung Logistik) zusammen mit Transport Logistics veranstalteten 2019 ein Fachforum mit der Fragestellung: “Männerdomäne? Chancen für und mit Frauen in der Logistik.” 

Die Logistik sei inzwischen so gewachsen, dass sie die Chance hat, mit ihren Tätigkeitsfeldern beide Geschlechter zu begeistern. Die vielfältigen Aufgaben reichen vom Management, über IT-Berufe, käufmännische Aufgabenfelder, Fahren und Lagerlogistik. Es wird geforscht, organisiert, optimiert und neueste technische Innovationen werden eingeführt. Logistik ist am Zahn der Zeit. Da ist für jede(n) was dabei.

2017 arbeiteten 71,5% der Frauen in Deutschland. Das sind so viele, wie noch nie zuvor. Das klingt erstmal gut. Auf Frauen-DGB erfahren wir, dass es sich dabei jedoch oft um Teilzeitarbeit und andere “atypische” Arbeitsverhältnisse handelt. Außerdem sind sie häufiger gezwungen, die Arbeit familienbedingt aufzugeben. Die meisten Frauen arbeiten in personenbezogenen, sozialen und haushaltsnahen Dienstleistungsberufen. Darin sind die Arbeitsbedingungen meist schlecht und die Bezahlung auch. In Führungspositionen sind Frauen im Jahre 2017 nur zu 8,6% vertreten.

In der Logistikbranche, die Transport, Verkehr und Logistik umfasst, arbeiten gerade mal 20,7% Frauen. Das soll sich ändern. Denn ein Reiz geht von beiden Seiten aus. Frauen bringen wertvolle Eigenschaften mit in die Logistik und diese bietet andererseits ein spannendes, krisensicheres und vielfältiges Tätigkeitsfeld. Win-win! Trotzdem läuft es schleppend an.

Männer und Frauen werden immer noch unterschiedlich bezahlt, obwohl sie die gleiche Arbeit leisten. Das sogenannte Gender Pay Gap lag 2017 bei 6%. Dabei berücksichtigt man die Branche, Position und die Qualifikationen derjenigen, die man vergleicht. 6% klingt erstmal nicht viel und es hat sich in den letzten Jahren auch erhöht. Doch es gibt nicht den geringsten Grund für auch nur 1% Unterschied. 

Es gibt insgesamt 30% weibliche Absolventinnen und Studentinnen an der Außenhandels- und Verkehrsakademie (DAV). Auch bei den Besuchern der Jobmesse “Vitamin BVL” waren 40% der Teilnehmer Frauen. Auch auf DGB Frauen erfahren wir, dass Frauen heutzutage so gut ausgebildet sind wie noch nie. Qualifikationen allein reichen jedoch nicht, da es bisher für Frauen noch viele Hürden in dieser Branche gibt.

Die Logistik hat versäumt, weibliches Führungs- und Fachpersonal anzulocken. Aber inzwischen gibt es sehr viele Bemühungen, versäumtes Aufzuholen. Es gibt zwei Hauptgründe, die für diese Lage verantwortlich sind. Die Logistik hat sich bisher zu wenig um Frauen bemüht, so dass die Branche noch nicht attraktiv genug erscheint und bei vielen einfach nicht präsent ist. Und Frauen sind teilweise abgeschreckt vom Image der Logistik als harter Männerdomäne.

 

Ein großer Bogen um die Logistik

Die Logistik ist eine Männerdomäne, das schreckt erstmal gewaltig ab. Viele Frauen haben da das Gefühl, sich durchboxen und beweisen zu müssen.

Außerdem gelten die Berufe in der Logistik immer noch als körperlich anstrengend. Alte Bilder von stämmigen Hafenarbeitern und kräftigen rauen Kerlen sind immer noch fest in manchen Köpfen, erfahren wir auf me2be. Das wandle sich jedoch. Zu Zeiten der Digitalisierung und der maschinellen Unterstützung rückt die Muskelkraft in den Hintergrund und andere Qualitäten sind gefragt.

Wobei man hier auch vorsichtig sein muss. Denn körperliche Arbeit hat eher mit Fitness zu tun. Und da kommt es auf den Einzelnen an. Es gibt fitte Frauen, die sicher mehr schleppen können, als so mancher eingerosteter Mann.

Viele Frauen, die Kinder haben oder andere Menschen, um die sie sich kümmern müssen, andere soziale Verpflichtungen, können mit den bestehenden Arbeitsmodellen oft nichts anfangen. Diese sind zu unflexibel für ihre Situationen. Gemeint ist die 9to5-40-Stunden-Woche. Nicht jedermanns Sache und vor allem nicht die mancher Frau.

Denn es ist in unserer Gesellschaft nach wie vor so, dass viele soziale und häusliche Pflichten den Frauen zugeschanzt werden.

Was den Bogen um die Logistik deutlich kleiner machen würde, wären flexiblere Arbeitszeiten, sogenannte Lebensphasen orientierte Arbeitsmodelle wie Homeoffice oder Jobsharing, Möglichkeiten zur Weiterbildung und Fortbildung.

Es gibt immer noch Verantwortliche, die an den Fähigkeiten der Frauen zweifeln. Hier eine kleine Liste verrosteter alter Vorurteile, die leider die Zeiten zäh überdauern.

 

Frauen können nicht…

…gibt es nicht. In manchen Köpfen leider immer noch. Es gibt immer noch Vorurteile gegen die Fähigkeiten von Frauen, obwohl unzählige Frauen bereits Gegenteiliges bewiesen haben. 

Fehlende Durchsetzungskraft, geringeres Selbstbewusstsein, keine so guten rhetorischen und steuernden Fähigkeiten und nicht in der Lage, klare und umstrittene Entscheidungen fällen zu können. So sind Frauen, glauben manche und daher nicht geeignet für Führungspositionen. Denn das, woran es ihnen scheinbar mangelt, sind genau die Qualitäten, die in der Führungsebene gebraucht werden.

Wer glaubt, es gibt nur einen Führungsstil? Wer Frauen so wenig zutraut, hat wahrscheinlich noch keine echte gesehen. Klar ist, die verstaubten Führungsideale wurden über Jahrhunderte auf den Mann zurecht geschneidert. Das heißt jedoch weder, dass sie gut sind, noch dass sie einer Frau nicht genauso passen würden. Nur würde sie sich vielleicht nicht allzu wohl darin fühlen. 

Der BVL sagt ganz klar, dass Frauen wichtige Eigenschaften und Fähigkeiten mit in Führungspositionen bringen: Flexibilität, Serviceorientierung, konsequente Umsetzung von Zielen, Teamwork, Effizienz, Entscheidungs- und Konfliktmanagement.

Wenn mehr Frauen in Führungspositionen aufrücken, werden sie auch das Bild verändern und das wird bestimmt nicht zum Schlechteren sein. Laut Personalberatung Mittelstand gibt es jedoch keinen großen Unterschied zwischen dem Führungsstil eines Mannes und dem einer Frau. Es gibt generell nur zwei Arten von Führungsstrategien: Mitarbeiterbezogen und Aufgabenbezogen. In einer Studie, die dazu angelegt wurde, fand man jedoch kein Muster darin. Wer welchen Führungsstil bevorzugt, hat laut dieser Studie etwas mit der Persönlichkeit zu tun und nicht mit dem Geschlecht.

Die Unterschiede, die ermittelt wurden, sind folgende: Frauen setzen vermehrt auf Teamfähigkeit, Kreativität und Fürsorglichkeit. Generell räumen sie der Kundenbeziehung und der zu den Mitarbeitern sowie der Vereinbarkeit von Familie und Beruf einen höheren Stellenwert ein. Und dass die Arbeitszeiten familienfreundlicher werden, wünschen sich auch viele Männer der Generation Y und Z. Kurzum, Frauen in Führungspositionen sind mehr darum bemüht, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sich Mitarbeiter wohlfühlen können. Wer würde das nicht mögen?

Dann gibt es auch noch ein Problem mit der Wahrnehmung, erfahren wir in der Süddeutschen. Männer und Frauen in Führungspositionen können ein und dieselbe Sache machen, werden dabei aber anders wahrgenommen.

Bei Männern werden harte Worte eher hingenommen und ein starker Auftritt bewundert. Während Männer dann als tough gelten, gelten Frauen als zickig oder sogar herzlos. Margaret Thatcher, erste Premierministerin Großbritanniens von 1979-1990, ist ein gutes Beispiel. Man nannte sie “die eiserne Lady”. Sie hat ihre Ziele hartnäckig durchgesetzt und Demonstrationen durch die Polizei niederknüppeln lassen. Schlimm. Aber nichts, was nicht unzählige männliche Staatsoberhäupter vor ihr auch getan hätten. Von Frauen werde erwartet, dass sie immer auch nett sein müssen.

Daher haben Frauen in Führungspositionen oft den Eindruck, mehrere Rollen ausüben zu müssen. Die einer netten Frau und die einer kompetenten Chefin.

Das klingt, als gäbe es einige gute Gründe, Frauen in die Branche, in Fachbereiche und in Führungspositionen zu holen. Die schauen wir uns einmal an.

 

Gute Gründe für mehr Frauen

Wenn wir schon von Gründen sprechen, warum mehr Frauen in der Logistik tätig sein sollten, müssen wir auch betonen, dass es vor allen Dingen keinen Grund dagegen gibt.

Es macht keinen Sinn die Fähigkeiten der Frauen anzuzweifeln. Wir sehen überall Beweise dafür, das es da keine Grenzen gibt. Es gibt LKW-Fahrerinnen, Pilotinnen, Kapitäninnen, IT-Spezialistinnen, Spediteurinnen, Fußballerinnen, Motorcrossfahrerinnen, MMA-Kämpferinnen und Bundeskanzlerinnen. Nichts, was Frauen nicht können.

Wir fragen uns nur, was bringen sie außerdem Wertvolles mit, was die Branche noch bereichern kann?

Durch das Kompetenzzentrum Usability erfahren wir, dass Diversität sich auszahlt. Mehr Frauen, mehr Ethnien, mehr Einflüsse bereichern Unternehmen und steigern überdies die Erfolgsaussichten.

Das sind die Ergebnisse einer Studie von McKinsey, in der geprüft wurde, wie sich Gender Diversity in den Führungspositionen auf den Erfolg der Unternehmen auswirkt. Man geht davon aus, dass bunte Führungsabteilungen eher in der Lage sind, Spitzenkräfte zu gewinnen, kundenorientierter zu entscheiden und die Mitarbeiterzufriedenheit und Entscheidungsfindung zu verbessern.

Der BVL sagt, dass Frauen die bisherige Männerdomäne um Empathie, Offenheit, positives Kommunikationsverhalten und Lernbereitschaft bereichern würden. 

Es gibt also gute Gründe für mehr Frauen in der Logistik. Es ist jedoch so, dass Frauen sich ihrerseits noch nicht so stark für die Branche interessieren. Daher fragen wir uns, was würde die Logistik für Frauen attraktiver machen?

 

Was Frauen wollen

Frauen wünschen sich von ihrem Beruf flexible Arbeitszeiten, Lebensphasen orientierte Arbeitsmodelle, Möglichkeiten zur Weiterbildung und Fortbildung und Homeoffice. Die Wünsche der Männer sind in diesen Punkten allerdings sehr ähnlich.

Auch Wünsche gibt es, wie der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin sein sollte: Vertrauensvoll, fair, professionell und zuverlässig. Das wünschen sich beide Geschlechter.

Schonung der Gesundheit. Niemand möchte sich mehr körperlich fertig machen für die Arbeit. Wie der Handwerker, dem mit 40 Rücken und Knie in die Brüche gehen. Daher sollten ergonomische Arbeitsplätze geschaffen werden, wo die starke körperliche Belastung von Maschinen unternommen wird.

 

Förderprogramme und Ideen

Es gibt bereits viele Ideen und Programme, die Frauen für die Logistikbranche begeistern sollen. Hier folgen einige Kampagnen und Links.

MentorMe-ngo: Hilft und ermutigt bei Bewerbungen.

Wirtschaftsmacher haben eine Kampagne zu Logistikhelden. Dort werden Berufe aus der Logistik vorgestellt und die Menschen, die sie ausüben, gleich mit. Da sind auch viele Frauen vertreten, auch in Führungspositionen.

Woman behind the wheel der Spedition Reinert, Reinert Logistics. Eine Kampagne, die sich rein an weibliche LKW-Fahrerinnen richtete.

IHK Handelskammer in Hamburg und BVL veranstalten die Ladies Logistics Lounge.

Es gibt Woman in Mobility und den Damen logistics Club.

Es gibt sehr viele Programme und Ideen, die Frauen helfen, einen leichteren Einstieg in die Branche zu finden.

Menschen kommen nicht in Scharen zur Logistik gelaufen, nur weil dort gutes Geld liegt. Die Branche muss aktiv ködern, mit dem, was dem Menschen heutzutage wichtig ist. Modelle wie Jobsharing, Gleitzeiten und Wunscharbeitszeiten.

Auch Werbung muss stattfinden. Denn in vielen jungen Köpfen ist die Logistik als Chance und Möglichkeit noch nicht angekommen.

Wir dürfen bei all dem Ringen um mehr Frauen in der Branche nicht vergessen, dass es bereits Frauen gibt, die sich seit Jahren zäh durchbeißen und die die Leidenschaft für ihre Tätigkeit dahin gebracht hat, alle Hürden zu überwinden, die leider den Weg versperren.

 

Frauen als Kapitäne

Deutschland Funk berichtet von Dorothee Gaedecke, der jüngsten Kapitänin Deutschlands.

Sie sagt, für Frauen sei es schwerer, sich an Bord zu beweisen als für Männer. Ein riesiges Frachtschiff zu steuern ist eine komplizierte Sache. All die Bildschirme, flackernden Lichter, nautischen Geräte, Hebel und Steuerknüppel. Das scheinen manche Männer Frauen nicht zuzutrauen. Gaedecke ist natürlich der Gegenbeweis und vor ihr haben das auch bereits Frauen bewiesen, wenn bisher auch wenige dazu die Chance hatten.

Sie sagt, um anerkannt zu werden, müsse sie mehr leisten als Männer, sie müsse gleich 200% geben und das Tag für Tag.

Die Kapitänin sagt, dass Frauen sich um ihre Umwelt kümmern und organisieren. Vielleicht wird es in Zukunft auch Seemänner geben, die genau diese Qualitäten an ihrer Kapitänin schätzen und lieber bei ihr anheuern. Denn der Kapitänin sei es sehr wichtig, dass es ihren Seemännern gut gehe. Sie ist überzeugt, dass es besonders wichtig sei, in einer Männerdomäne eine Frau zu haben.

Bestimmt kann Gaedecke für viele Frauen ein Vorbild sein, vielleicht auch für einige Kapitäne.

 

Fazit

Frauen sind eine Bereicherung für die Logistikbranche. Die Hürden, vor denen sich Frauen oft befinden, haben nichts mit der eigentlichen Tätigkeit ihrer Arbeit zu tun, sondern sind sexistischer, diskriminierender und vorurteilsbehafteter Natur.

Die Logistik entwickelt sich zu einem riesigen Wirtschaftszweig, der sich mit großen Schritten modernisiert, digitalisiert und verbessert.

Da wird es höchste Zeit, verstaubtes Gedankengut loszuwerden und Vorurteile auszumisten.

Beide, Frauen und Männer, werden von diesem Wandel profitieren.

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